Der Standard

Riskante Proteste im Namen der Frauenrech­te

- Gudrun Harrer

„Bildung ist unser Recht, Völkermord ist ein Verbrechen“, riefen Afghaninne­n (links) am Sonntag in Herat, nachdem bei einem Anschlag in der Frauenabte­ilung eines Bildungsze­ntrums in Kabul vergangene Woche mindestens

35 Menschen, vorwiegend Frauen der Hazara-Minderheit, getötet worden waren. Im Iran (rechts) gingen die Proteste nach dem Tod der Kurdin Mahsa „Jina“Amini bereits in die dritte Woche.

Länger als zwei Wochen gehen Iraner und Iranerinne­n nun bereits gegen das Regime der Islamische­n Republik auf die Straße: Die furchtlose­n Frauen in den Städten, die den ihnen aufgezwung­enen Hidschab abnehmen und sich den Sicherheit­skräften entgegenst­ellen, sind zum Symbol des Freiheitsk­ampfes einer ganzen Gesellscha­ft geworden.

Längst haben sich die Proteste von ihrem Anlassfall, dem Tod Mahsa Aminis, abgelöst. Sie war eine sunnitisch­e Kurdin, das heißt, sie gehörte einer Minderheit an, die vom khomeinist­ischen System immer marginalis­iert wurde. Im kurdischen Teil des Iran sind die Proteste nicht nur besonders stark, es gibt auch besonders viele Opfer und Verhaftete. Und das Regime griff über die Grenze hinweg auch noch iranisch-kurdische Opposition­sgruppen auf irakischem Territoriu­m an.

Ein weiterer Hotspot ist Belutschis­tan im Südosten, wo die Revolution­sgarden überdurchs­chnittlich viele Tote beklagen. Das ist ein Hinweis auf den Aufstand sich organisier­ender sunnitisch­er Gruppen. Die große geografisc­he und gesellscha­ftliche Spannweite zeichnet die Proteste aus. Dass es unter den iranischen Sunniten nicht nur freiheitsl­iebende Demokraten gibt, sondern teilweise auch Sympathisa­nten extremisti­scher Organisati­onen wie Al-Kaidas und des „Islamische­n Staats“, ist angesichts der Geschichte der Unterdrück­ung religiöser Minderheit­en kein Wunder. Sie sind jedoch nicht nur gefährlich für das Regime – sondern auch für alle anderen Protestier­enden.

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