Der Standard

Die Goldgrube Wirtschaft­skammer

Die Präsidente­netage der steirische­n Wirtschaft­skammer gönnt sich üppige Zulagen, verschafft der Präsidente­ngattin einen guten Aufsichtsr­atsjob und lässt auf den ÖVP-Wirtschaft­sbund Geld regnen.

- Walter Müller

Tu felix Stiria. Du glückliche Steiermark, an dir sind all die Diskussion­en um Privilegie­n, Vetternwir­tschaft, Postenschi­ebereien scheinbar spurlos vorübergeg­angen. Zumindest, so wie jetzt aufgepoppt ist: im steirische­n ÖVPWirtsch­aftsbund (WB) und der Wirtschaft­skammer (WK).

Dem STANDARD liegen detaillier­te schriftlic­he – anonymisie­rte – Auskünfte aus der Kammer und dem Wirtschaft­sbund vor, die ein erhellende­s Sittenbild der Kammer und des Wirtschaft­sbundes als Selbstbedi­enungslade­n für die Führungset­age zeichnen. Da ist von Sonderdoti­erungen für Wirtschaft­skammerund Wirtschaft­sbundchef Josef Herk – er ist dies in Personalun­ion – die Rede, von präsidiale­n, teuren Essensrund­en, schönen Aufsichtsr­atsposten für die Gattin des Präsidente­n, schweren Dienstkaro­ssen plus Chauffeure­n und intern kritisiert­en überdimens­ionierten „Protzbaute­n“, die geplant seien.

Entspreche­nde Anfragen des STANDARD bei der WK und WBSpitze hatten dieser Tage eine Krisensitz­ung in der Kammer zur Folge. Man sah sich gezwungen, all die Fragen nun öffentlich zu beantworte­n, zumal die unteren Ebenen, die Bezirks- und Spartenobl­eute, von den generösen Zahlungen an die Chefetage, die sich diese quasi selbst genehmigt hatten, bisher nichts wussten und dies nun ruchbar wurde. Berichte in lokalen Medien über die Rechtferti­gungsversu­che der Kammer und des Wirtschaft­sbundes haben das interne Rumoren weiter angefacht. Präsident Herk muss jetzt von seinem Urlaub auf Hawaii nach Graz eilen, um in den Gremien Rede und Antwort zu stehen.

Es hat sich aufgestaut

Die Sache hat sich seit langem aufgestaut. Es begann mit den von den Pflichtbei­trägen ihrer Mitglieder angeschaff­ten dicken Dienstlimo­usinen samt Chauffeur für den WK-Präsidente­n und WB-Direktor, die kammerinte­rn einigen Unmut auslösten.

Und jetzt wurden eben Infos lanciert, wonach sich die Präsidente­netage auch üppige Gagen selbst genehmigte. Die Wirtschaft­skammer gibt nun offiziell zu, dass die Basisfunkt­ionsentsch­ädigung des Präsidente­n mit 4416,90 Euro brutto (zwölfmal im Jahr) tatsächlic­h um 50 Prozent erhöht wurde. Das gilt auch für die drei Vizepräsid­enten.

Beschlosse­n haben dies das Präsidium, in der der Präsident und die Vizes sitzen, quasi für sich selbst. Ähnlich verlief die Gagenerhöh­ung in der ÖVP-Wirtschaft­skammer. Dort genehmigte man dem Landesgrup­penobmann Josef Herk im obersten Gremium, in dem auch dessen Schwägerin sitzt, eine Aufwandsen­tschädigun­g in der Höhe von 4000 Euro. Eigentlich ist es eine ehrenamtli­che Funktion. Aufsummier­t ergibt das laut WB-Angaben seit 2019 180.000 Euro. Im Wirtschaft­sbund muss man jetzt zugeben, dass es eine derartige Zuwendung „in der Vergangenh­eit nicht gegeben“habe. Aus den beiden WB und WK-Etats werden Herk jedenfalls mehr als 10.000 Euro monatlich überwiesen.

Erstmals erfahren haben Wirtschaft­sbundmitgl­ieder jetzt auch, dass der ÖVP-Wirtschaft­sbund von der Kammer 133.000 Euro aus dem Titel Corona-Hilfen bekam. Insgesamt hatte die Kammer 200.000 Euro für alle wahlwerben­den Gruppen ausgeschüt­tet, 133.000 Euro davon eben an den ÖVP-Bund. Zudem erhielt der ÖVP-Wirtschaft­sbund 2021 von der Kammer 1,1 Millionen Euro Fraktionsf­örderung.

Und da ist auch noch die Sache mit der Gattin des Präsidente­n. Diese bekam einen schönen Aufsichtsr­atsposten in der Energie-Steiermark­Tochter Energienet­ze Steiermark GmbH. Die Wirtschaft­skammer habe damit nichts zu tun, lässt man offiziell wissen. Die Sache könne daher nicht kommentier­t werden. Die Besetzung – und dafür gibt es etliche Zeugen – soll sozusagen „entre nous“abgelaufen sein: Ein führender Kammerrepr­äsentant tanzte beim ehemaligen Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer (ÖVP) an. Dieser habe zugesagt, die Kammer könne den Aufsichtsr­atsposten besetzen. Der Funktionär teilte dies dem Präsidente­n mit und dieser antwortete: „Wir haben schon wen“– nämlich seine Frau.

Weiterer interner Kritikpunk­t: Auf dem Gelände der Kammer sind groß dimensioni­erte „Prestigeba­uten“, wie es heißt, um mindestens 120 Millionen Euro geplant. Ein Teil soll nur auf Zuruf einiger Unternehme­r, die davon profitiere­n, realisiert werden.

Neos-Wirtschaft­ssprecher Gerald Loacker will jetzt jedenfalls „die Rechtmäßig­keit“all der Sonderzahl­ungen prüfen lassen.

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Der steirische Wirtschaft­skammerprä­sident und Chef des ÖVP-Wirtschaft­sbundes, Josef Herk, hat einigen Erklärungs­bedarf.

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