Der Standard

Boris, der Clown des Horrors

- Karl Gedlicka

KSERIE „THIS ENGLAND“ÜBER BORIS JOHNSON AUF SKY

urz hatte es so ausgesehen, als würde er noch einmal wie ein feixender Clown aus dem Schachterl springen: Als Liz Truss ihren Rücktritt als britische Premiermin­isterin verkündete, tauchte auch Boris Johnson unter ihren potenziell­en Nachfolger­n auf. Daraus wurde bekanntlic­h nichts, und wer wieder ruhiger schläft, kann sich einer fiktionali­sierten Version des Brexit-Enthusiast­en stellen.

Die sechsteili­ge Serie This England von Michael Winterbott­om (Welcome to Sarajevo), zu sehen auf Sky, erzählt von der Anfangszei­t Johnsons als Premier und der ersten Covid-Welle. Kenneth Branagh liefert darin das, was gerne als schauspiel­erische Meisterlei­stung bezeichnet wird: Er hat sich Johnsons Stimme und Gesten aufs Unheimlich­ste anverwande­lt. Selbst wenn die dick aufgetrage­ne Maske für Irritation­smomente sorgt, glaubt man, Johnson selbst vor sich zu haben. Und reagiert auch so, nämlich mit einem Lachen über das vermeintli­ch schrullige Äußere des Politikers.

Dass man sich dabei zunehmend unwohl fühlt, hat mit dem unerwartet­en Fokus der Serie zu tun. Zwar wird der Einschlag der Corona-Pandemie in Großbritan­nien samt den dramatisch­en Auswirkung­en auf das marode britische Gesundheit­ssystem aufgerollt. Im Mittelpunk­t bleibt aber Johnson als ein Mann, der ganz einfach sein Bestes versucht. In der Pandemie ebenso wie als Familienme­nsch. Dass er das Gesundheit­ssystem zuvor auf das Zynischste als taktische Waffe im Wahlkampf einsetzte? Geschenkt! Dafür hagelte es in Großbritan­nien nicht wenig Kritik für This England. Doch auch der Selbstvers­uch auf dem Kontinent zeigt: Boris Johnson hat unser Lachen nicht verdient.

➚ dst.at/TV-Tagebuch

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