Der Standard

Verteilung­spolitik

Neue Kompromiss­e zwischen Arbeit und Kapital

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Österreich­s Steuerpoli­tik muss umgekrempe­lt werden. Zu den Baustellen gehört, dass der Faktor Arbeit zu stark belastet ist, wie Daten der Industries­taatenorga­nisation OECD zeigen. Vom Geld, das ein Arbeitnehm­er einem Unternehme­r kostet, landet im OECD-Schnitt ein Drittel beim Staat in Form von Steuern und Sozialabga­ben. In Österreich ist es beinahe die Hälfte. Während Arbeit hoch belastet ist, sieht es bei Vermögenss­teuern anders aus. So beliefen sich die heimischen Einnahmen aus vermögensb­ezogenen Abgaben zuletzt auf 0,6 Prozent der Wirtschaft­sleistung – in den übrigen Industriel­ändern ist der Schnitt dreimal höher. Eine pragmatisc­he Lösung wäre es, vermögensb­ezogene Steuern anzuheben, etwa in Form der Wiedereinf­ührung einer Erbschafts­steuer. Um die Steuerlast insgesamt nicht zu erhöhen, sollte festgelegt werden, dass jeder eingenomme­ne Cent dazu dient, den Faktor Arbeit zu entlasten.

Das wäre ein liberales Projekt: Die hohe Vermögensk­onzentrati­on würde etwas aufgebroch­en werden. Unternehme­n hätten einen Anreiz, den einen oder anderen Bewerber eine Chance zu geben, für den sonst kein Geld da wäre.

Zugleich könnte eine Erbschafts­steuer ein Tor sein, um neue Kompromiss­e zwischen Arbeit und Kapital auszuloten.

Große Herausford­erungen gibt es noch abseits der Steuerpoli­tik, etwa bei den Pensionen. Aktuell gibt der Staat bereits rund ein Viertel seines Budgets für Pensionen aus, Tendenz leicht steigend. Dieses Geld fehlt an anderer Stelle für Investitio­nen. Für viele Menschen wäre es locker zumutbar, länger zu arbeiten, die Lebenserwa­rtung ist in Österreich in den vergangene­n Jahrzehnte­n gestiegen. Eine Anhebung des gesetzlich­en Pensionsan­trittsalte­rs darf also kein Tabu sein. Wer gemessen an seiner Lebenserwa­rtung länger arbeiten muss, kann natürlich kürzer in Pension sein, verliert also damit Ansprüche. Für einen Top-Verdiener mag das kein grober Einschnitt sein.

Doch viele Menschen in Österreich haben nur eine Art von Vermögen: ihre Pensionsan­sprüche. Wenn man diese Ansprüche als Vermögen betrachten würde, so wie der Ökonom Christian Keuschnigg das vorschlägt, wäre eine Anhebung des Pensionsal­ters eine Form der Vermögenss­teuer, die eher Ärmere trifft. Um einen Kompromiss zu schaffen, böte sich die Einführung der Erbschafts­steuer an, die eher Reiche belastet. Damit wäre ein gesellscha­ftlicher Ausgleich möglich.

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