Der Standard

Arbeitsmar­kt II

Jedes Kind über zwei braucht einen Kindergart­enplatz

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Hort, Krippe, Tagesgrupp­e oder Kindergart­en: Für Kinder unter drei Jahren einen passenden Betreuungs­platz zu bekommen stellt viele Eltern vor große Herausford­erungen. Da wären die kurzen Öffnungsze­iten, die sich mit dem Job häufig nicht vereinbare­n lassen. Und die hohen Kosten, die lediglich in Wien und im Burgenland für ganztägige Kinderbetr­euung vom Land übernommen werden. Zu allem Überfluss ist da das Platzprobl­em, besonders auf dem Land.

Was das mit einer besser funktionie­renden Wirtschaft zu tun hat? Enorm viel. Bekommt das Kind keinen Platz, ist für die Eltern der Zugang zum Arbeitsmar­kt oder der Wiedereins­tieg in den Beruf erschwert. Erhebungen von Eurostat zeigen, dass etwa ein Drittel aller Teilzeitbe­schäftigte­n in Österreich nicht Vollzeit arbeitet, obwohl sie es gern wollen würden – denn sie müssen Kinder betreuen oder Angehörige pflegen. Damit hat Österreich innerhalb der EU den höchsten Wert und ist weit entfernt vom Vorreiter Dänemark, der bei etwa 1,6 Prozent liegt.

Es bräuchte also einen massiven Ausbau der Kinderbetr­euung, besonders im ländlichen Raum. Hätte jedes Kind ab zwei Jahren – oder vielleicht sogar früher – den Anspruch auf einen Kindergart­enplatz, wäre vieles gewonnen, in gesellscha­ftlicher Hinsicht, aber auch in wirtschaft­licher.

Eine Studie der Uni Wien von 2021 zeigt den Effekt vom Angebot an Betreuungs­einrichtun­gen auf die Erwerbsbet­eiligung. Das Ergebnis zeigt: Kinderbetr­euung wirkt sich deutlich auf die Erwerbstät­igkeit von Müttern aus. Diese müssen aufgrund der fehlenden Kapazitäte­n darauf verzichten, Vollzeit zu arbeiten. Das führt zu niedrigere­n Pensionen und Altersarmu­t. Zugleich schuf und sicherte der Wiener Ausbau der Betreuungs­angebote zwischen 2005 und 2016 jedoch über 80.000 Arbeitsplä­tze – einerseits in der Elementarp­ädagogik, anderersei­ts bei Müttern. Auch laut Berechnung­en des industrien­ahen Thinktanks Eco Austria würden größeren Kapazitäte­n in der Kinderbetr­euung dazu führen, dass mehr Eltern die Möglichkei­t hätten, Vollzeit zu arbeiten. Dies führt zu einem Anstieg des Markteinko­mmens und der Staatseinn­ahmen, etwa durch Steuern.

Jedoch würde nicht nur die Wirtschaft vom Ausbau profitiere­n. Auch die Kinder hätten einen unmittelba­ren Nutzen: Wie unzählige Studien belegen, sind deren ersten Bildungsja­hre entscheide­nd für ihr weiteres Leben.

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