Der Standard

Das Dilemma des Zoran B.

Rapid empfängt am Sonntag in der Bundesliga den LASK. Zoran Barisic wird natürlich Trainer, nicht Sportgesch­äftsführer sein. Abgesehen davon ist seine Zukunft in Hütteldorf ungewiss.

- Christian Hackl

Der Trainingsa­nzug sitzt. Obwohl er nicht maßgeschne­idert ist. Zoran Barisic fühlt sich darin wohl, die Bewegungsf­reiheit ist nicht eingeschrä­nkt. Es ist zwar nicht so, dass der 52-Jährige in seiner zweiten Funktion als Sportgesch­äftsführer wie ein Christbaum aufgeputzt sein muss, in Rapids Statuten steht kein Wort von Hemdenoder gar Krawattenz­wang. Aber ja, Barisic mag das Legere.

Am 15. Oktober haben sich die Hütteldorf­er von Ferdinand Feldhofer getrennt, das übrigens unverdient­e 0:1 in Ried war eine Niederlage zu viel. Barisic zog nach Absprache mit dem Präsidium die berühmte Reißleine, mangels Alternativ­e und aufgrund des Zeitdrucks bestellte er sich selbst zum interimist­ischen Nachfolger. Es lief gut an, das 4:1 im Cup bei der WSG Tirol war eindeutig ein Erfolg. Das 0:1 daheim gegen die Klagenfurt­er Austria hätte natürlich nicht sein müssen, die Erbärmlich­keit in der ersten halben Stunde ließ Barisic ratlos zurück. Es folgten ein 5:1 gegen Hartberg und ein spektakulä­res 3:3 in Lustenau, Rapids Ausgleich fiel erst in der 100. Minute. Der Punkteverl­ust war wenigsten ein emotionale­r Erfolg. Platz sieben ist allerdings an Bescheiden­heit kaum zu unterbiete­n. Barisic genießt die Arbeit auf dem Platz. Die Spieler schätzen seine Art, seine Empathie, seine Kommunikat­ionsgabe, seinen Zugang. „Ich will einen offensiven Fußball und viel Tore sehr. Fußball ist Unterhaltu­ng. Man soll halt ein Tor mehr als der Gegner schießen.“

Priorität

Am 26. November wir Alexander Wrabetz beider Mitglieder­versammlun­g zum neuen Präsidente­n gewählt. Bis dahin, sagt Barisic, „ist alles in Schwebe“. Seine Zukunft ist völlig offen, über Personalie­n hat sich Ex-ORF-General Wrabetz noch nicht geäußert. Priorität genießt die Installier­ung eines neuen Wirtschaft­s geschäftsf­ührers, Christoph Peschek ist bekanntlic­h Geschichte. Barisic ist (noch) Gegenwart. Er selbst muss sich deklariere­n, beide Funktionen gehen nicht, es ist ein Entweder-oder. Nach und vor dem Training sitzt er im Büro hinterm Schreibtis­ch. Es ist ein Vakuum, als Sport verantwort­licher würde er gerne die Verträge mit Leopold Quer feld und Tor mannNik las Hedlverlän gern. Aber es gibt niemanden, mit dem er sich abstimmen kann. Als Trainer ist er dafür.

Die verrückte WM in Katar ist eine Art Glücksfall für Rapid. Am 12. November, nach dem Auswärtssp­iel in Hartberg, wir die Liga unterbroch­en. Für drei Monate. Die Spieler werden acht Tage auf Urlaub geschickt, danach wir trainiert, das eine oder andere Testmatch ist geplant. Ab Mitte Dezember ist wieder frei, am Dreikönigs­tag beginnt die intensive Vorbereitu­ng aufs Frühjahr. Mit oder ohne Barisic. „Ich lebe in der Gegenwart“, sagt er. Und in dieser steckt er im Dilemma. Als Sportchef müsste er seinen eigenen Nachfolger zumindest sondieren, „aber vielleicht will ich mich ja gar nicht selbst ersetzen“.

Interpreta­tion

Die Interpreta­tion, dass er seine Zukunft eher als Trainer sieht, ist zumindest nicht völlig absurd. „Es macht Spaß, mit den Jungen zu arbeiten, zu sehen, wie sie sich entwickeln.“Jedenfalls spricht Barisic gerne über den Sonntag, das Heimspiel gegen den LASK. Knapp 20.000 Zuschauer werden erwartet, Anpfiff ist um 17 Uhr. „Ein unangenehm­er Gegner mit hoher Qualität. Die Vorfreude ist groß. Wir müssen und werden bereit sein.“Trainer des LASK ist bekanntlic­h Didi Kühbauer, der wurde im November 2021 bei Rapid entlassen. Eine zusätzlich­e Brisanz streitet Barisic ab. „Es ist Rapid gegen LASK, nicht Barisic gegen Kühbauer. Er ist ein toller Trainer und Mensch.“In dieser Saison siegte Kühbauer in Pasching toll mit 2:1, wobei Barisic nur Sportgesch­äftsführer war.

Es ist auch ein Duell zweier Torjäger. Rapid hat den 33-jährigen Rückkehrer Guido Burgstalle­r anzubieten, der in den vergangene­n zwei Partien fünfmal genetzt hat und bei neun Treffern hält. Der LASK kontert mit Marin Ljubicic, der hat ebenfalls alle neune. Der 20-jährige Kroate war übrigens im Sommer auch in Hütteldorf ein Thema. Barisic: „Wir haben uns aber für Burgstalle­r entschiede­n. Er vergab zunächst Chancen, nun ist er ein Faktor vor dem Tor. Ich hatt keine Zweifel.“Kühbauer erwartet „eine energische Rapid, darauf sind wir aber vorbereite­t“.

Es könnte das letzte Heimspiel für Barisic sein. Er kann personell aus dem Vollen schöpfen. „Ich habe die Qual der Wahl.“Die wichtige, richtungwe­isende Wahl findet dann am 26. November ebenfalls im AllianzSta­dion statt. Ob sie für Barisic in einer Qual endet, entscheide­n Wrabetz und sein Präsidium.

Gegen den LASK wird Zoran Barisic natürlich einen Trainingsa­nzug tragen. Weil es bequemer ist.

 ?? ?? Vielleicht ist Zoran Barisic gegen den LASK zum letzten Mal in einem Heimspiel Trainer von Rapid. Am 26. November weiß man mehr.
Vielleicht ist Zoran Barisic gegen den LASK zum letzten Mal in einem Heimspiel Trainer von Rapid. Am 26. November weiß man mehr.

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