Der Standard

Die Hölle, das sind die anderen

- Birgit Baumann

Der Schock, den die Frau Mama am Sonntag erlebt, ist groß. Zwar findet sie im schmucken Heim ihres Sohnes keine Leichen vor, aber sehr viel Blut im Schlafzimm­er.

Und keiner ist da: Der Sohn nicht, der Enkel auch nicht, und „d’ Sandra“fehlt ebenfalls. Das ist die ungeliebte Schwiegert­ochter. Die, die anders ist und nicht in die gepflegte Idylle passt.

„D’ Sandra isch halt d’ Sandra“, erfahren die Schwarzwal­d-Kommissare Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) von der Schwiegerm­utter und wortgleich vom spießigen Nachbardra­chen.

BEEINDRUCK­ENDER „TATORT“AUS DEM SCHWARZWAL­D

Immerhin wird Sandra dann auf einer Autobahnra­ststätte gefunden, einsam, verstört, irgendwie nicht von dieser Welt. Wo sie in der Nacht war, will sie nicht sagen, was sie natürlich zur Hauptverdä­chtigen macht.

Es folgt die Entblätter­ung einer Ehehölle. Oberflächl­ich ist alles blank, darunter brodelt es dunkel. Doch es geht in Die Blicke der anderen noch um mehr. Sandra, grandios und gepeinigt gespielt von Lisa Hagmeister, ist eine Außenseite­rin, die sich nicht anpassen und Erwartunge­n erfüllen will.

Nicht nur für Jean-Paul Sartre sind die anderen die Hölle, sondern auch für Sandra, an der sich die Ermittler die Zähne ausbeißen. Diesmal haben Tobler und Berg gar keine Zeit für ihr Privatlebe­n, und das ist auch gut so. Es wäre neben dem Spiel von Lisa Hagmeister ohnehin nur abgestunke­n.

Auch Rückblende­n und verschiede­ne Zeitebenen machen diesen Tatort sehenswert. Und so zeigt dieser neunte Fall von Tobler und Berg, dass die persönlich­en Dramen im Krimi immer noch die sehenswert­esten sind – wenn man es denn gut macht.

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