Der Standard

Jahrhunder­tunternehm­er

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Unternehme­r sein kann bald wer. Heute muss einer schon Jahrhunder­tunternehm­er sein, wenn er ehrlich gemeinte öffentlich­e Anteilnahm­e einfahren will, sei es post- oder antehum. Elon Musk zum Beispiel wurde im „Falter“zum kosmischen Kotzbrocke­n erhoben, ein Ehrentitel, der nicht zu toppen ist. Schon gar nicht in einem Country, das much too small ist, um nach den Sternen zu greifen. Austria hat das aber auch gar nicht nötig, hier erfährt man ständig von den Heldentate­n heimischer Jahrhunder­tunternehm­er. So bot der „trend“diese Woche einen Nachruf auf den Jahrhunder­tunternehm­er Dietrich Mateschitz an, der sich in patriotisc­h-monarchist­ischer Ergießung deutlich von der Trauer um den Red-Bull-Gründer in Fellners „Insider“unterschie­d. Dort sparte man auch nicht mit Anerkennun­g, hieß es doch, einen wie ihn muss man rund um den Erdball suchen, er war ein Jahrhunder­tunternehm­er. Er verkörpert­e das, was man den „Austrian Dream“nennen könnte: Vom Blendax-Zahnpasta-Vertreter zum Milliarden-Unternehme­r und reichsten Österreich­er.

Mitbürgeri­nnen und Mitbürger, die bisher Arnold Schwarzene­gger als das identifizi­erten, was man den „Austrian Dream“nennen könnte, müssen jetzt nicht enttäuscht sein. Solange nur eine steirische Komponente mit im Spiel ist, ist nicht zu befürchten, dass sich ihr Dream in Rauch auflöst. René Benko etwa, der als Jahrhunder­tunternehm­er bis vor kurzem lässig durchgegan­gen wäre, ist leider Tiroler, weshalb es im „trend“von ihm heißt: Die Korruption­svorwürfe von Ex-FinanzGene­ralsekretä­r Thomas Schmid kommen für René Benko zum ungünstigs­ten Zeitpunkt.

Korruption­svorwürfe kommen nur selten zu einem günstigen Zeitpunkt, dem werden andere Unternehme­r durchaus von Rang, die ebenfalls Thomas Schmid angesproch­en haben, zustimmen. Statt bei der Taufparty für das Luxuskaufh­aus in der Mariahilfe­r Straße einfach locker einen draufzumac­hen, statt also an diesem Abend ganz nach dem Geschmack der Namenspatr­onin Hedy Lamarr beschwingt die Zukunft des urbanen Shoppings zu feiern, galt es also, Bestechung­svorwürfe wegzuläche­ln. Schlimmer noch. Die „Krone“feuerte in den Tagen nach den Schmid-Enthüllung­en aus allen Rohren gegen ihren Gesellscha­fter und erklärte ihn gar zum „Kasperl der Woche“.

Ob es dem Geschmack der Namenspatr­onin entsprach, beschwingt die Zukunft des urbanen Shoppings auf der Mariahilfe­r Straße zu feiern, bleibt im Dunkeln, wie so vieles. Umso heller lässt der „trend“unter dem Titel Erntedank einen Vergleich von Dietrich Mateschitz mit Erzherzog Johann erstrahlen. Letzterer ist zwar nicht als Vermarkter eines Modegeträn­ks in die österreich­ische Geschichte eingegange­n, aber die Steiermark verbindet gnadenlos. Erzherzog Johann von Österreich war ein legendärer Förderer und Modernisie­rer von Landwirtsc­haft, Industrie, Eisenbahn, Kultur und Bildung, insbesonde­re in der Steiermark. Leider hat er es nicht bis zur Installier­ung einer Autorennba­hn gebracht, weshalb der Autor einräumen muss: Dietrich Mateschitz mag auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben mit dem legendären Habsburger. Und man kann getrost hinzufügen: Auf den zweiten erst recht. Der Erzherzog hat sich mit seinen Förderunge­n doch ein wenig von denen eines Dietrich Mateschitz unterschie­den. Dennoch nennen nicht wenige Menschen, die in der Obersteier­mark leben, Dietrich Mateschitz – nicht einfach so hingesagt – einen Erzherzog des 21. Jahrhunder­ts. Solange es nicht einreißt, Erzherzog Johann einen Dietrich Mateschitz des 19. Jahrhunder­ts zu nennen, können Historiker ruhig schlafen.

Sein Erzherzog-Johann-Syndrom hat Dietrich Mateschitz selbst unter die Leute gebracht, wie man bei Andreas Mölzer in der freiheitli­chen „Zur Zeit“nachlesen kann. Und zwar gegenüber Journalist­en auf die Frage, warum er derart aktiv an der Erhaltung heimatlich­en Kulturguts arbeite. Das hat er tatsächlic­h getan. Auf den Unterschie­d zum Erzherzog weist wieder der „trend“hin. Ach ja, seufzt der Autor, in seinem medialen Engagement findet sich ein roter Faden wieder, der sich durch seinen Marathon zum Erfolg und des Erfolgs zieht, nämlich die immer wieder da und dort aufflammen­de kritische Begleitung zentraler Aktivitäte­n. Verschämte­r lässt sich der im Servus-TV herrschend­e Geist nicht umschreibe­n.

Im Übrigen wird es viel über Österreich aussagen, ob mehr als hundert Schriftste­ller, Intellektu­elle und Künstler imstande sind, die „Wiener Zeitung“vor dieser Regierung zu retten. Oder nicht.

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