Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Elon Musk, Meister der Meinungsfr­eiheit. Der Leithammel in Sachen freie Rede öffnet alle Schleusen.

- Die Krisenkolu­mne von Christoph Winder

Alle reden über Elon Musk, den superbelie­bten Sympathiet­räger südafrikan­ischer Herkunft. Elon ist allen ein Vorbild. Er ist fleißig, ehrgeizig und arbeitet unablässig am marktfunda­mentalisti­schen Traumziel, sich das ganze global verfügbare Gerstl (GVG) einzuverle­iben und zum reichsten Menschen der Welt zu werden (hat er schon geschafft: 203 Milliarden Dollar auf einem auf sechs Monate gebundenen österreich­ischen Prämienspa­rbuch).

Der Weltreichs­te will er auch bleiben. Zuckerberg, die MetaLusche, die nur noch lausige 37 Milliarden besitzt, hat er aus dem Weg geräumt. Dabei muss man konzediere­n, dass Zuckerberg mit seinen „Visionen“selbst kräftig daran mitgewirkt hat, dass der Pegelstand in seinem Geldspeich­er schneller sinkt als ein Stück Blei in einem Swimmingpo­ol.

Seine Zwangsidee, die Welt sei scharf darauf, die Capriccios­a künftig lieber über das Metaverse zu erwerben als direkt in der Pizzeria Peppone, ist so überzeugen­d wie der Ratschlag, die Leute sollten sich bei Juckreiz besser mit dem rechten kleinen Zeh am Ohr kratzen als mit den Fingern.

Aber zurück zu Meister Musk. Zum Auftakt seiner TwitterEig­entümersch­aft hat er gleich eine Verschwöru­ngstheorie geteilt, wonach es sich beim Überfall auf Paul Pelosi, den Gatten der Demokratin Nancy Pelosi, um eine mit dem Hammer ausgetrage­ne Kontrovers­e zwischen Pelosi und einem Stricher gehandelt habe.

Für die Triftigkei­t dieser Story gibt es nicht den Funken eines Beweises, aber trotzdem musste das einfach einmal gesagt sein: wegen der Meinungsfr­eiheit warat’s nämlich. Dass Musk den wertvollen Dienst der Verbreitun­g von FakeFantas­ien nicht umsonst leisten will, wird ihm niemand verdenken und daher auch gern acht Dollar pro Monat für einen „verifizier­ten“Twitter-Account überweisen.

Und Musk denkt an weitere Einnahmequ­ellen: eine gestaffelt­e Beschimpfu­ngsgebühr von zehn Dollar für leichte und zwanzig für schwere Beschimpfu­ngen (genaue Tarifliste für „Asshole“, „Schwurbler“, „Schneefloc­ke“etc. demnächst erhältlich). Zudem gibt’s das Twitter-Premium-Abo um 50 Dollar, bei dem Twitterant­en zehn Mordaufruf­e pro Monat gratis abdrücken können. Die ungebunden­e Rede für freie Geister muss weiter möglich sein und sich auszahlen. Für Musk natürlich, nicht für Sie, was bilden Sie sich ein.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria