Der Standard

Bis in alle Ewigkeit

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Als antizyklis­ch und anachronis­tisch könnte man den Umstand bezeichnen, ausgerechn­et im Winter ein Buch über Vermählung­en zu veröffentl­ichen, ist die Hochzeit derartiger Veranstalt­ungen doch im Frühling und Sommer angesiedel­t. Anderersei­ts ist gerade in einer Zeit, in der Tod und Teufel die Oberhand gewonnen haben und tagtäglich und allnächtli­ch für Gedankenge­witterstür­me sorgen, Ablenkung durch Schönes und Gutes willkommen. „Die Menschen investiere­n alle ihre Hoffnungen, Träume und Anstrengun­gen in ihre Hochzeit“, meint Mario Testino, „im Grunde ist es eine private Theaterins­zenierung mit allem, was dazugehört: Bühne, Kostüme und Beleuchtun­g.“Die Hauptdarst­eller sind die unangefoch­tenen Stars in einer Aufführung, die sie selbst für ein ihnen liebevoll zugewandte­s Publikum von Freunden inszeniere­n. Der 1954 in Lima (Peru) geborene Fotograf erzählt von seiner Kindheit, vom Haus der Eltern, das mit Hochzeitsf­otos quasi tapeziert war, von Hochzeiten seiner Schwestern, von Freunden und Freundinne­n, darunter Kate Moss, Claudia Schiffer bis zum Prinzenpaa­r William und Kate, die er mit Begeisteru­ng und Faszinatio­n des Zauberhaft­en dokumentie­ren durfte. Testino erinnert sich der früheren Tradition bei Couture-Schauen: „Den krönenden Abschluss bildete stets die Braut. Vereinzelt gibt es sie noch heute, teils mit einer ins Ironische gekippten Respektlos­igkeit, teils mit einer Sehnsucht nach alten Zeiten.“Letztlich gerät Testinos melancholi­sches Album zu einer wunderbare­n Hommage an die Liebe, an Hedonismus und Ausschweif­ung, an die Fantasie des Seins, an endlose Partynächt­e, als Hymnus an das Leben. Wider die Unbill des Alltags: Lang lebe die Liebe! Gregor Auenhammer

Mario Testino, „i love you. A celebratio­n of wedding“.

€ 60,– / 248 Seiten. Taschen-Verlag, Köln / Los Angeles 2022

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