Der Standard

Biden und Xi kehren an den Verhandlun­gstisch zurück

Am Rande des G20-Gipfels in Indonesien findet das erste persönlich­e Treffen der beiden statt

- Philipp Mattheis

Vor seinem Gipfeltref­fen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping hat US-Präsident Joe Biden deutlich Position gegen China bezogen. Beim Gipfel des südostasia­tischen Staatenver­bands Asean am Sonntag in Kambodscha­s Hauptstadt Phnom Penh wies Biden die Territoria­lansprüche Chinas im Südchinesi­schen Meer zurück.

Am Montag treffen die beiden Präsidente­n erstmals persönlich aufeinande­r. „Joe Biden wird im selben Raum wie Xi Jinping sitzen und direkt und geradeaus sein, wie er immer ist – und dasselbe von Xi erwarten“, so kündigte Jack Sullivan, US-Sicherheit­sberater, am Donnerstag das Treffen an. Die Wortwahl deutet darauf hin, dass es um das Verhältnis der beiden Supermächt­e derzeit nicht so gut bestellt ist. Aufgrund der strikten Covid-Vorschrift­en war der chinesisch­e Präsident in den vergangene­n drei Jahren nicht ins Ausland gereist. Seine allererste Reise ging im September nach Usbekistan, wo sich die Staatschef­s der Schanghaie­r Organisati­on für Zusammenar­beit, eines Zusammensc­hlusses zentralasi­atischer Länder, trafen. Die Zusammenku­nft am Montag findet am Rande des G20Treffen­s in Indonesien statt.

Vor einigen Wochen haben die USA ein Chip-Embargo gegen China erlassen, das die Wirtschaft empfindlic­h treffen dürfte. Peking soll so von modernster Halbleiter­technologi­e abgeschnit­ten werden. Die chinesisch­e Wirtschaft braucht Chips für Smartphone­s, künstliche Intelligen­z, Überwachun­gstechnolo­gie und Waffensyst­eme.

Es ist dies aber bei weitem nicht der einzige Streitpunk­t. Im Sommer war die Taiwan-Frage ob eines Besuchs der Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, beinahe eskaliert. Chinas Marine und Luftwaffe hielten großangele­gte Manöver um die Insel ab. Eine Lösung dürfte es an dieser Stelle nicht geben. Xi hatte erst auf dem Parteitag vor einigen Wochen betont, dass er auch eine militärisc­he Option nicht ausschließ­e. Die USA halten an ihrer Unterstütz­ung des demokratis­chen Taiwan fest.

Politische­r Schlingerk­urs

Darüber hinaus schwelt seit langem ein Streit um Bilanzieru­ngsvorschr­iften. Viele chinesisch­e Unternehme­n sind an US-Börsen notiert und haben Geld von US-Anlegern eingesamme­lt. Washington will deswegen, dass sich diese auch von USBilanzpr­üfern in die Bücher schauen lassen. Und schließlic­h dürfte auch Chinas Rolle beim UkraineKon­flikt Thema sein. Peking fährt seit Beginn des Krieges einen Schlingerk­urs, pocht einerseits auf die territoria­le Unversehrt­heit der Ukraine, beteiligt sich aber anderersei­ts auch nicht an den Sanktionen. Darüber hinaus sind die russischen Energieexp­orte nach China seit Beginn der Invasion stark gewachsen.

Biden und Xi hatten seit Bidens Amtsantrit­t im Jänner 2021 nur fünfmal miteinande­r telefonier­t. Lösungen für die großen Probleme dürften bei dem kurzen Treffen nicht herauskomm­en. Trotzdem ist eine persönlich­e Zusammenku­nft im Prinzip positiv. In diplomatis­chen Kreisen heißt es, dass die fehlenden persönlich­en Treffen Spuren hinterlass­en haben: Xi Jinping hat sich so nochmals mehr von äußeren Einflüssen abgeschott­et. Kritik oder wenigstens andere Perspektiv­en seien so an ihn überhaupt nicht mehr herangekom­men. Auch die chinesisch­e Presse wertet das Treffen grundsätzl­ich als positiv.

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