Moldau droht aufgrund der Energiekrise ein harter Winter
Ärmstes Land Europas ist auf EU-Unterstützung angewiesen – Inflation steigt auf mehr als 30 Prozent
Chișinău – Moldau befindet sich aktuell in der schlimmsten Energieversorgungskrise seit der Unabhängigkeitserklärung von 1991. Das ärmste Land Europas ist auf EUUnterstützung angewiesen, um durch den Winter zu kommen. Russland reduzierte die Gaslieferungen, Transnistrien stellte die Stromlieferungen ganz ein. Die Energiekosten sind explodiert, die Inflation ist auf über 30 Prozent gestiegen. Das Land steht massiv unter Druck.
Hilfe kommt in dieser schwierigen Situation auch aus Österreich. Die größte Nichtregierungsorganisation in der ehemaligen Sowjetrepublik, die Hilfsorganisation Concordia, bietet 56 soziale Dienste an 46 Orten an. Für den Winter brauche es Unterstützung, Nothilfe-Pakete wurden geschnürt, berichtete Vorstandsvorsitzende Ulla Konrad.
Die europäische Solidarität mit Moldau sei unerschütterlich, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in der Hauptstadt Chișinău.
Angesichts der durch die russische Invasion in der Ukraine ausgelösten Energiekrise zahlt die EU der Republik Moldau Finanzhilfen in Höhe von 250 Millionen Euro. Im Rahmen eines „Energie-Unterstützungspakets“erhält Moldau ab Jänner 100 Millionen Euro in Form von Zuschüssen und 100 Millionen über Darlehen zur Deckung seines Gasbedarfs. Weitere 50 Millionen werden als Budgethilfe bereitgestellt.
Abhängig von Russland
Moldaus proeuropäische Präsidentin Maia Sandu hatte gewarnt, ihrem Land mit seinen 2,6 Millionen Einwohnern könnten im beginnenden Winter Gas und Strom ausgehen. Vor dem Krieg war Moldau vollständig von russischem Erdgas abhängig, jetzt sind es noch immer rund 80 Prozent. Der staatliche russische Gaskonzern Gazprom hat die Lieferungen an Moldau bereits erheblich gedrosselt. Mit 1. November stellten die prorussischen Behörden der abtrünnigen Region Transnistrien die Stromlieferungen des einzigen großen Kraftwerks Ciugurdan an Moldau ein. Das in Transnistrien gelegene Kraftwerk sicherte bisher rund 70 Prozent des Stromverbrauchs der Hauptstadt Chișinău. Ein Drittel seines Stroms bezog Moldau bisher aus der Ukraine. Wegen der russischen Angriffe auf die dortige Energieinfrastruktur hat Kiew den Export jedoch eingestellt. Gegenwärtig erhält Moldau Strom aus Rumänien.
Im gesamten Land wird Energie gespart. Büros bleiben ebenso wie Räume in Regierungsgebäuden ungeheizt, Restaurants sehr kühl, die Beleuchtung ist spärlich. Jüngst wurde in Chișinău eine Regierungssitzung im Finsteren abgehalten. „Die Bevölkerung hat verstanden, dass Strom und Energie gespart werden müssen“, sagte Cortina Ajder von der Abteilung Arbeit und soziale Sicherheit im Sozialministerium. Es bleibt aber auch die Frage, wie die Bevölkerung die Kosten stemmen soll. Strom- und Gaspreise stiegen massiv, betragen teilweise das Fünffache wie vor der Krise. Auch die Holzpreise sind enorm hoch, weil viele Menschen auf Holz- und Kohleheizung umstellten. Doch auch Holz muss importiert werden, nur elf Prozent der Fläche Moldaus ist Wald. Die Regierung will der Bevölkerung helfen. „Wir hoffen, dass wir das Jahr der Krise hinter uns bringen“, sagte Vasile Cusca, Staatssekretär des Gesundheits- und Sozialministeriums, im ungeheizten Konferenzraum im Sozialministerium. (APA)