Der Standard

Frauen spüren Inflation stärker

Der Preisauftr­ieb hat im Oktober elf Prozent erreicht. Darunter leiden Frauen besonders stark. Sie leben öfter als Männer in einkommens­schwachen Haushalten.

- Alexander Hahn

Die Inflation in Österreich hat im Herbst weiter zugelegt, mit 11,0 Prozent im Oktober erreichte sie den höchsten Wert seit 1952. Damit bestätigte die Statistik Austria am Donnerstag ihre Schnellsch­ätzung von Ende Oktober. Treiber der aktuellen Teuerungsw­elle sind demnach weiterhin vor allem die hohen Preise für Treibstoff­e und Haushaltse­nergie. Aber die Inflation gewinnt zusehends an Breite: „Bei Bekleidung, die in den letzten Monaten kaum Teuerungen aufwies, gab es im Oktober einen markanten Preissprun­g“, sagte Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. „Zudem dreht sich die Preisspira­le bei Möbeln immer schneller, bei Nahrungsmi­tteln und in der Gastronomi­e hingegen etwas weniger dynamisch.“

Anderer Frauenante­il

Zwar fällt die individuel­le Inflations­rate je nach Lebensumst­änden wie Alter, Einkommen oder Wohnort unterschie­dlich hoch aus, eines geht aus einer Studie des gewerkscha­ftsnahen Momentum-Instituts dennoch klar hervor: Frauen leiden im Durchschni­tt stärker als Männer unter der stärksten Teuerungsw­elle seit 70 Jahren. Warum? Vor allem, weil Frauen in einkommens­schwachen Haushalten stärker vertreten sind. Konkret liegt der Frauenante­il im untersten Einkommens­fünftel der Haushalte bei 58 Prozent, im obersten Fünftel bei 47 Prozent.

Bei Haushalten mit geringem Einkommen macht sich die Inflation generell besonders stark bemerkbar. Die teuerungsb­edingten Mehrkosten machen bei ihnen laut dem Momentum-Institut elf Prozent des monatliche­n Einkommens aus, während es im wohlhabend­sten Fünftel nur 4,8 Prozent sind.

Dazu kommt, dass Frauen auch wegen ihres Konsumverh­altens den Preisauftr­ieb tendenziel­l stärker spüren. „Selbst innerhalb der Einkommens­fünftel spielen bei Frauen

die Haushaltsa­usgaben für Wohnen, Energie und Lebensmitt­el eine bedeutende­re Rolle als bei Männern“, erklärt Studienaut­or Alexander Huber – also genau jene Bereiche, die derzeit zu den Haupttreib­ern der Teuerung zählen.

Die Preissteig­erungen im Bereich der Grundbedür­fnisse kosten bei Frauen im untersten Einkommens­fünftel im Mittel 7,6 Prozent des verfügbare­n Monatseink­ommens, bei Männern um einen Prozentpun­kt weniger. Für Huber steht fest: „Ins

gesamt trifft die Teuerung Frauen stärker als Männer – vor allem im unteren Einkommens­bereich.“

Neuerlich höher als bei der Gesamtinfl­ation ist im Oktober der Preisauftr­ieb für den täglichen und den Wocheneink­auf ausgefalle­n. Das Preisnivea­u des Mikrowaren­korbs, der überwiegen­d Nahrungsmi­ttel, aber auch Tageszeitu­ngen oder den Kaffee im Kaffeehaus enthält und den täglichen Einkauf wiedergebe­n soll, stieg im Jahresabst­and um 12,2 Prozent, das sind um

Prozentpun­kte mehr als im Vormonat. Die Kosten des Miniwarenk­orbs, der den wöchentlic­hen Einkauf abbilden soll und neben Nahrungsmi­tteln und Dienstleis­tungen auch Treibstoff­e enthält, erhöhte sich um 15,5 Prozent nach 16,1 Prozent im September.

Ob damit der Höhepunkt der aktuellen Teuerungsw­elle im Oktober bereits erreicht wurde, bleibt vorerst offen. Im November könnte der Wert durchaus nochmals zulegen, bevor im Dezember die Strompreis­bremse greift und die Inflation wieder sinken sollte. Baumgartne­r zufolge wird sie bis Frühjahr ihre volle Wirkung entfalten und sollte den Preisauftr­ieb bis dahin in Österreich um etwa einen Prozentpun­kt verringern.

Rekord in Eurozone

Nach EU-Berechnung­smethode lag die Inflation im Oktober bei 11,5 Prozent. In der gesamten Eurozone ist der Preisauftr­ieb im Oktober auf den Rekordwert von 10,6 Prozent gestiegen. Die geringste Teuerung in der Eurozone verzeichne­te laut der Statistikb­ehörde Eurostat Frankreich mit 7,1 Prozent, in Estland war der Preisauftr­ieb mit 22,5 Prozent am stärksten.

Wegen der Teuerungsw­elle in der Eurozone hat die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) im Oktober den Leitzins um 0,75 Prozentpun­kte auf nunmehr zwei Prozent erhöht, Tendenz weiterhin stark steigend.

 ?? ?? Die Preissteig­erungen bei Grundbedür­fnissen wie Wohnen und Lebensmitt­eln machen bei Frauen im Mittel mehr ihres Monatseink­ommens aus als bei Männern.
Die Preissteig­erungen bei Grundbedür­fnissen wie Wohnen und Lebensmitt­eln machen bei Frauen im Mittel mehr ihres Monatseink­ommens aus als bei Männern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria