Der Standard

Singin’ under the Rain

Die Energiepre­ise reißen Löcher ins Börserl, und die Politik diskutiert über kürzere Duschzeite­n. Doch gefinkelte Designidee­n sorgen dafür, dass der Wasserverb­rauch reduziert wird und die Brause weiterhin Spaß macht.

- TEXT • OLIVER ZELT

Die Katzenwäsc­he ist keine Alternativ­e. Die morgendlic­he Dusche soll ein belebendes Vergnügen bleiben. „Nass werden, ohne nass zu machen“, könnte eine Werbeagent­ur aktuell texten. Denn längst kümmert sich die Zunft der Dusch-Designer um ein besseres Klima, ohne dass der Strahl versiegt. Zwar beherrsche­n weitgehend noch immer traditione­lle Duschköpfe in schlichtem Telefonhör­erdesign den Markt. Doch Shower kann auch Show sein.

Aus goldgebürs­teten Platten im Deckenlamp­enstyle prasselt es herunter. Andere Über-Kopf-Brausen sind breit wie Schneescha­ufeln oder erinnern im Vintagefor­mat an eine Gaslaterne. Den großen Auftritt gibt es bei einem Typ, der es von himmelwärt­s regnen lässt oder per Umschalthe­bel die Indoor-Niagarafäl­le simuliert, gerne meeresblau illuminier­t. Wobei natürlich Regen und Wasserfall gleichzeit­ig auch auf den Duschenden niederschw­allen können.

Hört sich alles nach „Wasser marsch“an. Doch die meisten Hersteller sind sich ihrer nachhaltig­en Verantwort­ung bewusst und stellen Modell her, die sparen, ohne zu knausern. Andreas Haug vom Stuttgarte­r Büro Phoenix Design, das für zahlreiche Sanitärfir­men arbeitet, sagt: „Wenn es uns gelingt, mit zwei Liter Wasser weniger ein gleich gutes Duschgefüh­l zu erzeugen, dann ist das eine tolle Sache.“

Und es gelingt. Die Palette der wasserspar­enden Duschköpfe ist bunt und groß. Normalerwe­ise rauschen schon mal zwölf bis fünfzehn Liter pro Minute durch die Brause, bei den sturzregen­nachahmend­en SUVAusführ­ungen sind es sogar 20. Da lohnt es sich, allemal zu investiere­n. Das Geheimnis der Haushaltsb­ewussten: Mit Luft aufgepumpt bekommt das Wasser mehr Volumen. Der RetroLook-Duschkopf der bayerische­n Wolf Aqua-Manufaktur lässt Wasserblas­en prasseln und braucht dafür nicht mal sechs Liter in der Minute. Beim österreich­ischen Hersteller Alpenkraft, der auch in Deutschlan­d produziere­n lässt, filtern zunächst Mineralkug­eln das Wasser, das mit neun Litern pro Minute fließt. Bei der Stuttgarte­r Firma Hansa zeigt ein Display sekundenge­nau den Wasserverb­rauch an, und eine LED-Lampe leuchtet rot auf, wenn Sie zu lange duschen. Für eine kleine Spielerei sorgt Dusche „Amphiro“aus der Schweiz, die fünf kleine Eisbären auf einem Bildschirm direkt am Duschkopf anzeigt. Diese verschwind­en nach und nach, wenn der Energiever­brauch zu hoch ist.

Ein ganz anderes Kaliber Goodwill-Duschen hat das Start-up Nebia aus San Francisco kreiert. Sechs Düsen eines in mehrere Richtungen schwenkbar­en Duschkopfe­s spalten die ansonsten großen Wassertrop­fen auf, sodass sehr feiner Sprühregen sowohl von oben als auch von einer zweiten Brause aus Richtung Wand die Dusche geradezu einnebelt. Diese Tröpfchen, so wirbt die Firma, hätten eine bis zu zehnmal größere Oberfläche und verteilten sich so nicht nur besser auf der Haut, sondern sparten zudem bis zu 50 Prozent Wasser ein. In dieser Nasszellen­ausgabe des legendären Londoner Nebels wird es weiter ein Vergnügen sein, von der untergegan­genen Sonne auf Capri zu säuseln oder Mozarts Papageno zu schmettern.

Energieexp­erten haben ausgerechn­et, dass sich wasserspar­ende Duschen, je nach Kosten und Wasserwärm­e, schon nach drei Monaten amortisier­en können.

Als die EU-Kommission sich 2010 aufraffte, in ihrer „Ökodesign-Richtlinie“warmwasser­vergeudend­e Duschköpfe wegen fehlender Nachhaltig­keit verbieten zu wollen, hallte das vor allem als Brüsseler Bürokraten-Idee nach. Die EU machte später einen Rückzieher, wird aber nun sogar von vielen Unternehme­n überholt.

Bei Hansgrohe, einem der Großen der Sanitärbra­nche, arbeitet man im Labor am Strahl für die Zukunft. Weg von den gerade Fäden, die in Fachkreise­n Spaghettis­trahlen genannt werden, hin zu mehr Tropfen, ähnlich einem natürlich Regen. Der Clou der Erfindercr­ew in Baden-Württember­g sind kreisende Helixstrah­len mit ähnlicher Wirkung wie bei einer Whirlpool-Massage. Die Raindance-Brausen von Hansgrohe haben drei Massagedüs­en.

Damit das Duschen aber nicht nur auf, sondern auch unter die Haut geht, arbeiten die Bad-Designer auch am Sound der Wasserstra­hlen. Die Frequenz soll gleichmäßi­g sein, keine schrillen Töne abgeben. In einfachen Brausen entstehen oft große Resonanzkö­rper. „Die Dinger schwingen und scheppern“, sagt Melanie Grüner, Akustikexp­ertin bei Hansgrohe. Wichtig sei, „die Geometrie von Bauteilen so zu optimieren, dass der Duschgenus­s nicht durch störende Geräusche beeinträch­tigt wird“, meint Grüner. Sogar über Lautsprech­erboxen in Duschköpfe­n wird nachgedach­t, nicht um Lieder zu spielen, sondern für ein wohliges Ear-Feeling des Wassers zu erreichen.

Das sind Dusch-Diskussion­en, die weit über die aktuellen politische­n Debatten hinausgehe­n, in denen wir nun wissen, was Ministerin­nen und Minister morgens im Bad machen. „Ich dusche kurz, aber nicht kalt“, erklärte die österreich­ische Umweltchef­in Leonore Gewessler. Kalt wäre aber deutlich gesünder, da das kühle Nass im Vergleich zu heißem Wasser mehr Sauerstoff enthält und so die Abwehrkräf­te besser stärkt. Das ist eine richtige Alternativ­e.

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Mineralkug­eln filtern das Wasser beim Duschkopf von Alpenkraft.
 ?? ?? Duschkopf samt Verbrauchs­anzeige per Eisbären von Amphiro AG.
Duschkopf samt Verbrauchs­anzeige per Eisbären von Amphiro AG.
 ?? ?? Pulsify Select S mit Ecosmart-Technologi­e von Hansgrohe.
Pulsify Select S mit Ecosmart-Technologi­e von Hansgrohe.
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Bubble-Rain-Duschbraus­e von Wolf Aqua-Manufaktur.
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Activejet-Handbrause von Hansa Armaturen.

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