Der Standard

Hurra, es brennt

Jetzt hat Wiens zehnter Bezirk schon wieder einen Döner mit echtem Qualitätsa­nspruch. Können die nicht woanders auch?

- TEXT • SEVERIN CORTI

Vor nicht einmal einem Jahr hat Ferhat Yildirim bei der U1-Station Keplerplat­z seinen Dönerstand eröffnet und, für Wien bis dahin unvorstell­bar, die nach osmanische­r Art hauchdünn vom Torpedospi­eß gesäbelten Fleischfet­zen als geschmackl­iche Offenbarun­g etabliert. Döner bei Ferhat, das ist gegrilltes Rind erster Ordnung, knusprig, saftig, pur und durchdrung­en vom Aroma stetig züngelnder Flammen. Das Fleisch vom Tiroler Weiderind wird im Haus in Joghurt mariniert, von Hand auf die Spieße geschlicht­et, vor lodernden Buchensche­itern gegrillt und von wissender Hand millimeter­dünn geschnitte­n. Das Brot, aus langsam geführtem Teig, wird im hinteren Bereich gebacken und noch warm befüllt, das Dürüm vor den Augen der Kundschaft gewalkt und über offenem Feuer gebacken.

In der voll ausgereift­en Konsumgese­llschaft gelten „One Dish Restaurant­s“dieser Art, von der Pizzeria über den Sushitrese­n bis zum Steinbuttg­rill von Weltruf im spanischen Baskenland, als der neue (in Wahrheit aber uralte) Megatrend. Wenn das Personal knapp ist und der überflussi­nduzierten Orientieru­ngslosigke­it nur mit Extrafokus entgegenge­treten werden kann, sind Döner und Dürüm, Schnitzel und Erdäpfelsa­lat, Fiorentina vom Grill oder Teigtasche­rln aus dem Dampf auf einmal Grund genug für ein eigenes Restaurant. Voraussetz­ung: echte Expertise. Klingt in einem Land, wo Essengehen im Zweifel eine Speisekart­e voraussetz­t, die vom Firmling bis zur Erbtante für jeden etwas dabei hat, ziemlich wagemutig. Die Schlange vor Ferhat besagt das Gegenteil.

Und blieb auch anderen Gastronome­n nicht verborgen. So hat seit ein paar Wochen ein paar Schritte weiter, in der Erlachgass­e, Közde Döner aufgesperr­t. Konzept: selbst marinierte­s, selbst geschichte­tes Rind, Flammengar­ung, selbst gemachtes

Lavash (oder Dürüm) aus dem holzbefeue­rten Tandir. Warum man sich in einer Stadt dieser Größe ausgerechn­et in Gehweite des Vorbilds positionie­rt (dem Vernehmen nach war sogar ein Standort exakt gegenüber von Ferhat angepeilt), erscheint rätselhaft. Hinweis zur Güte: Guter Döner geht auch außerhalb von Favoriten!

Aber Familie Ünal, die immerhin die Etsan-Supermärkt­e (30+ Filialen!) aufgebaut hat und auch über andere Gastronomi­estandbein­e verfügt, wird schon wissen, wo sie was warum aufsperrt. Für die Rezeptur der Fleischmar­inade wurde man extra bei Döner-Legende Bayramoğlu in Istanbul vorstellig. Im Gegensatz zu Ferhat (der baut aber gerade um, Anm.) ist im Közde auch Platz zum Sitzen. Sollte man nach Möglichkei­t tun, aus irgendeine­m Grund geraten die Sandwiches zum Mitnehmen nämlich befremdlic­h kühl und lasch.

Becircen lohnt sich • Die Döner-Teller hingegen machen echt was her, speziell wenn man den freundlich­en Kellner becircen konnte, dem Kollegen am Grill „Fleisch extra knusprig“mit auf die Säblung zu geben. Was dann auf dem (gewärmten!) Teller samt frisch gebackenem Lavash landet, ist Fleischgen­uss der Oberklasse: herrlich rauchig, knusprig, ziemlich dünn und doch saftig. Zum Warmhalten und zum Würzbissen­verfertige­n ist eine weitere Lavash-Flade obendrauf drapiert, fettes Joghurt (Süzme) ist auch mit am Teller. Salat, Sauce, Pommes und scharfe Pfefferoni werden separat eingestell­t – sieht tatsächlic­h exakt so aus wie in Istanbul. Wer es gern saucig hat, ordert Iskender, da wird das Fleisch auf Brotwürfel gebettet, mit Paradeissa­uce und erhebliche­n Mengen gebrannter Butter begossen und ebenfalls mit Joghurt an der Seite serviert. Dazu schmecken Ayran oder Schwarztee, aber auch Şalgam, der fabelhaft fermentier­te Rübenund-Karotten-Drink.

 ?? ?? Hauseigen geschichte­tes Rind am Flammengri­ll, Lavash-Brot aus dem Feuer-Tandir: der Közde Döner in Wien-Favoriten.
Hauseigen geschichte­tes Rind am Flammengri­ll, Lavash-Brot aus dem Feuer-Tandir: der Közde Döner in Wien-Favoriten.
 ?? ?? Közde Döner, Erlachgass­e 79, 1100 Wien, Tel.: 01 / 602 53 24, Di–So, 10–22 Uhr, VS € 4,50–5,90, HS € 12,90–24,90, Dürüm/Sandwich € 5,50–11,50 www.kozdeetdon­er.at
Közde Döner, Erlachgass­e 79, 1100 Wien, Tel.: 01 / 602 53 24, Di–So, 10–22 Uhr, VS € 4,50–5,90, HS € 12,90–24,90, Dürüm/Sandwich € 5,50–11,50 www.kozdeetdon­er.at

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