Bejubelte Werke dreier Ausgezeichneter bei Wien Modern
Wien – Der Preis ist heiß! Der unkaputtbare Schlachtruf aus der Gameshowbranche beweist seine Gültigkeit auch in Bezug auf die Auszeichnung, die die Erste Bank alljährlich an junge österreichische Komponistinnen und Komponisten vergibt – liest sich doch die lange Preisträgerliste wie das Who is who der hiesigen Ton-, Klang- und Geräuschschöpferzunft. Wobei es die dreiköpfige Jury mit den Vergabekriterien „jung“und „österreichisch“nicht pedantisch genau nimmt, wie Björn Gottstein am Donnerstagabend in seiner angenehm lakonischen Lobrede auf den Preis vermerkte: Die ausgezeichnete Komponistin des Jahres 2022, Sara Glojnarić, stammt aus Kroatien und lebt in Deutschland.
Die 1991 in Zagreb Geborene musste sich zwar nicht den Preis, aber doch den seit 20 Jahren etablierten Konzertrahmen (bei Wien Modern, im Mozart-Saal des Konzerthauses, interpretiert vom Klangforum Wien, Schinkenfleckerlessen danach) mit ihren Vorgängern teilen: Glojnarićs gut zehnminütiges Werk
Pure Bliss wurde am Donnerstagabend umrahmt von Matthias Kranebitters
Encyclopedia of pitch and deviation (2020) und Christof Ressis short stories (2021). Der gemischte Konzertsatz von drei Jahrgängen war notwendig geworden, weil das Festival Wien Modern in den letzten zwei Novembern pandemiebedingt nur bedingt stattfinden konnte.
Kranebitters so lehrreiche wie unterhaltsame Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Frequenzen vom Kammerton über diverse Chakren bis hin zum Hochfrequenzalarm war vor zwei Jahren zumindest als Stream beziehungsweise für eine Handvoll Berichterstattende vor Ort zu hören gewesen. Neu dann aber Ressis short stories: eine wilde Schnitzeljagd durch die (Zeichentrick-)Filmgeschichte, die Spuren von Romantik, Jazz, Mystery, Naturkunde sowie Jux und Tollerei beinhaltete. Ein Musikaliendepot, das einem charmanten Schrottplatz glich, auf dem ausrangierte Teile zu einem neuen Gemeinschaftsleben fanden.
Aber war das patchworkartige, halbstündige Werk letztendlich mehr als die Summe seiner vielfältigen Einzelteile? Gemütserhellend zuvor auch Glojnarićs Pure Bliss: Das Klangforum wurde unter der profunden, federnden Leitung von Tim Andersen zum akustischen Quell eines entspannt dahinfließenden, sich weitenden Glücks. Klangflächen wuchsen zu orgelheller Macht an; gute, alte Dominantseptakkorde waren zu erlauschen, die sich selig ihrer tonalen Homebase, der Tonika, zuwenden durften. Sogar der C-Dur-Dreiklang hatte einen seiner seltenen Auftritte bei Wien Modern und wurde vom Publikum und von anwesenden Festivalgranden freudvoll bejubelt. (sten)