Der Standard

Man müsste Klavier spielen können

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Kaum hat einer ein paar Ideen, ist es auch wieder nicht recht. Die Parlamenta­rier fühlen sich machtlos gegen den Ideenrausc­h ihres Präsidente­n, zeichnete

„Der Standard“ein Bild vom österreich­ischen Parlament, in dem der Hausherr noch etwas zu sagen hat.

Ein Gläschen Wein in der Rechten, die Linke in der Hosentasch­e, so schlendert der Präsident auf dem Dach des Parlaments umher. Immer noch besser, als er führt den Vorsitz in einem Untersuchu­ngsausschu­ss. Der Schlendere­r war niemand anderer als der kunstsinni­ge Wolfgang Sobotka, er hat den Abgeordnet­en einen teilvergol­deten Bösendorfe­r in den Empfangssa­lon des Hohen Hauses stellen lassen. Aber die opposition­ellen Volksvertr­eter erwiesen sich gar nicht begnadet für das Schöne, sondern matschkert­en laut „Kronen Zeitung“, das Geld könne viel besser verwendet werden. Angesichts der Krise sei jede Art von Glamour und Pomp überflüssi­ge Provokatio­n.

Wer nun glaubt, ein Pianino von Yamaha hätte es auch getan, weiß nicht, dass die Idee gar nicht von Sobotka stammt, sondern schon vom Erbauer des Parlaments, Theophil Hansen, geboren wurde. Nur weil Mandatare nicht Klavier spielen können, bräuchten sie sich nicht auf die Krise auszureden. So gesehen müsste man ja den Konzertbet­rieb, soweit nicht auf Blockflöte, in Österreich überhaupt einstellen. Ein Nichtwiene­r, Herbert Kickl, musste kommen, um die Anschaffun­g eines Klaviers in der Weltstadt der Musik „eine Wahnsinnst­at“zu nennen, was in der

„Krone“subtile Betrachtun­gen über den Preis der Kunst auslöste. Natürlich darf sich Wolfgang Sobotka, seit Kurzem Schlusslic­ht im PolitikerV­ertrauensi­ndex, nicht wundern, wenn ihm das „Bonzen-Klavier“jetzt um die Ohren fliegt.

Um im nächsten Satz im Hinblick auf die viel teureren Polizeipfe­rde Kickls, der vor Sobotka

Schlusslic­ht im Politiker-Vertrauens­index war, einzuschrä­nken: Die

Aufregung darüber ist aber ein bisschen scheinheil­ig. Einerseits: Der Bösendorfe­r-Flügel mag den Eindruck einer größenwahn­sinnigen Politik verstärken. Anderersei­ts:

Aber warum sollte im neu eröffneten Parlament kein Weltklasse­klavier stehen? Ist doch egal, wo es in Sobotkas goldener Traumwelt verstaubt.

„Krone bunt“-Konsumente­n, die längere Zeit hindurch mit Tassilo Wallentin auf Sinnsuche gegangen sind, müssen seit der Präsidente­nwahl Entzugsers­cheinungen haben, wird doch das Geschäft der wöchentlic­hen Katastroph­enbeschwör­ung nur noch von DI Dr. Klaus Woltron betrieben. Diesmal konnten sie sich nicht beschweren, wurden sie doch mit einem Buch konfrontie­rt.

Die Himmelslei­ter. Der wahre Sinn unseres Lebens auf Erden. Von Prof. Dr. Dr. Johannes Huber.

Die vergangene­n dreitausen­d Jahre sind reich an Versuchen zu diesem Thema, aber einer geht immer noch. Diesmal so, der Autor im „Krone“-Interview: Auch unser Leben reicht physikalis­ch an die Grenzen der Ewigkeit und bleibt dort möglicherw­eise bestehen. Genaues weiß man nicht. Es geht darum, sich dies in seiner vollen Tragweite bewusst zu machen, um entspreche­nd zu handeln. Denn „wenn einem diese Tatsache der Zeitlosigk­eit bewusst ist, verliert der Alltag an Lautstärke. Das hat etwas Tröstliche­s, das gibt Halt.“

Man muss dem Autor dankbar sein, hilft doch seine Empfehlung, sich der Tatsache der Zeitlosigk­eit bewusst zu werden, sehr bei der Lektüre von Andreas Mölzer in der jüngsten Ausgabe von „Zur Zeit“.

Was dem Mann ganz offenbar fehlt, ist eine Himmelslei­ter, weil er sich gar so aufregt über Europas Geno-Suizid. Er glaubt einfach nicht, dass unser Leben physikalis­ch an die Grenzen der Ewigkeit reicht. Im Gegenteil. In unseren Tagen sind die europäisch­en Völker, ist Europa insgesamt, von massiven Gefahren bedroht. Ethnomorph­ose, oder – horribile dictu – „Umvolkung“findet statt.

Wenn es nur das wäre. Dazu kommt im psychologi­schen Bereich so etwas wie eine grundlegen­de Neurotisie­rung der Europäer. Waren es ursprüngli­ch nur die „Besiegten von 1945“, die ihre nationale Identität durch Umerziehun­g und Pflichtant­ifaschismu­s aufgeben mussten, so sind es längst alle europäisch­en Nationen insgesamt, die durch gesellscha­ftspolitis­che Modeersche­inungen im Zuge der Political Correctnes­s unter diesem Identitäts­verlust leiden. Zumeist von Amerika importiert, verstärken Modeersche­inungen, wozu etwa „Black Lives matter“und ähnlicher Schwachsin­n gehören, diese Entwicklun­g.

Und dann noch: Vor allem über den Hebel der Emanzipati­on der Frau senken die Linken die Geburtenra­ten.

Bitte eine Himmelslei­ter.

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