Der Standard

Wahnsinn im Mauseloch

- Birgit Baumann DRESDNER „TATORT“ÜBER VERSCHWÖRU­NGSMYTHEN ➚ derStandar­d.at/TV-Tagebuch

Es ist keine schöne letzte Mahlzeit in Freiheit für Peter Michael Schnabel (Martin Brambach). Frustriert knallt der Kommissari­atsleiter im Dresdner Tatort seine Wurst in die Tonne. Eine Journalist­in hat sterben müssen, weil Schnabel und sein Team die Forderunge­n des Entführers nicht haben erfüllen wollen und können.

Ehe Schnabel es sich versieht, ist er selbst in der Gewalt des Mannes und kann sich dessen absurde Forderunge­n persönlich anhören: Es müssen binnen 24 Stunden 150 Kinder befreit werden, die im Keller eines Dresdner Lokals gefangen gehalten werden. Klingt irre? Ist es auch. Denn der verzweifel­te Vater Michael Sobotta (Hans Löw) ist überzeugt, dass auch seine Tochter, die bei einem Schulausfl­ug verschwand, dabei ist. Die Wahrheit will er hingegen nicht sehen, er hat seine eigenen, alternativ­en Fakten.

Wie aber soll die Polizei mit so jemandem verhandeln? Der Fall erinnert an Pizzagate aus dem US-Wahlkampf 2016. Damals tauchte die Verschwöru­ngstheorie auf, Hillary Clinton betreibe im Keller einer Pizzeria in Washington einen Pädophilen­ring.

Das für die Tatort-Folge Katz und Maus aufzugreif­en hat seinen Reiz, wenngleich es in der Umsetzung Schwächen gibt. Man hätte sich auf ein Opfer, nämlich den sonst oft, aber diesmal gar nicht schrullige­n Schnabel konzentrie­ren und mehr von der Psyche des Täters zeigen können.

Denn auch wenn sich die Kommissari­nnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) atemlos abmühen, um ihren Chef zu finden – diesen Tatort im düsteren Ambiente tragen die beiden ungleichen Männer.

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