Alte Meister, remastered
Die Bilderwelt, angesiedelt Between the Sea and the Sky versetzt einen unvermutet und unmittelbar in eine eigentümliche, bisweilen altertümliche Zeit. Es sind Porträts im Stile Alter Meister, in der Art eines Vermeer, eines Rubens, der Brueghel-Dynastie. Es sind Porträts betuchter Bürger vor bedrohlichen Wolkenmeeren und aufgepeitschten Wellen aus Hansestädten zwischen Amsterdam, Lüttich und Lübeck, die, wie aus der Zeit gefallen, im Hier und Jetzt auferstanden sind. Verantwortlich für dieses dieser Tage exotisch anmutende Ambiente, für dieses inszenierte Szenario, ist einer, der sich in den letzten Jahrzehnten durch Dokumentation vom Aussterben bedrohter Völker einen Namen gemacht hat. Seit seiner Jugend bereist Jimmy Nelson den Globus, studiert und fotografiert Menschen in entlegenen, man könnte sagen von Gott verlassenen Gegenden. Mit 17 war der 1967 in Sevenoaks in der Grafschaft Kent Geborene nach Tibet aufgebrochen, um, erkrankt, den Sinn des Seins auszuloten. Die Erde hat er mittlerweile öfters umrundet. Before They Pass Away, seine 2014 publizierte Serie über Indigene aus aller Herren Länder, war aufsehenerregend. Homage to Humanity folgte 2018. Einer typisch anonymen, seltsamen Kritik an seiner Arbeit trat er nonverbal positiv entgegen, indem er eine Stiftung für das bedrohte Weltkulturerbe gründete. In seiner neuen Arbeit kehrt der in Amsterdam lebende Engländer quasi heim, könnte man meinen. Dennoch begibt er sich auf eine Reise, diesmal in die Vergangenheit. Vordergründig sind die Ethnien nicht exotisch, in Wahrheit aber sind sie in ihrem Traditionalismus ähnlich fern und unnahbar. Genial ...
Jimmy Nelson, „Between the Sea and the Sky“. € 125,– / 528 S. JNBV, Amsterdam 2022. Tipp: Eine gleichnamige Ausstellung zeigt die JNS Gallery, Amsterdam, bis 31. Dezember 2022.