Wandel im Consulting: Purpose statt Jetset.
Vor Jahren noch als großes Karrieresprungbrett gefeiert, geht es heute um weit mehr als das. Worauf es ankommt und wie es dennoch gelingt, Ausnahmetalente zu finden, dazu ist Moritz Moelle, Partner und Recruiting-Verantwortlicher der SHS Unternehmensberatung, im Gespräch.
Herr Moelle, verliert der Consultingjob an Glanz? Oder glänzt er womöglich gar nicht mehr?
Es kommt natürlich auf den Betrachtungswinkel an – für mich aber weder noch. Der Job als Berater war immer schon fordernd. Doch ja, er ist es heute stärker denn je. Planungszyklen sind kürzer, die Welt volatiler, Kunden fordernder. Das schreckt viele ab. Als Berater muss man der laufenden Bewegung und Veränderung positiv gegenüberstehen. Man kann sich nicht treiben lassen. Nicht abtauchen. Der Job verlangt einem einiges ab – er gibt fachlich als auch menschlich aber auch ungemein viel zurück.
Wie hat sich der Alltag des Beraters in den letzten Jahren verändert?
Einen Alltag im klassischen Sinn gibt es nicht. Jeder Kunde, jede Branche, jeder Bereich, jede Aufgabenstellung und somit jedes Projekt sind anders. Routine null – und das über Jahre. Das Umfeld ist schnelllebiger, unvorhersehbarer und digitaler geworden.
Die Halbwertszeit von Wissen hat sich immens reduziert. Und Kunden sind immer besser informiert. Neben Fachkenntnis – gerade auch im technischen Bereich – sind Kreativität und Umsetzungskompetenz jetzt wichtiger denn je.
Welche Anforderungen stellen Consultants heute an den Job? Was war früher anders?
Arbeitgeber werden heute stark nach ihren Werten ausgesucht. Was gut ist! Dieser Wertefokus ist aber erst in den letzten Jahren stärker in den Vordergrund gerückt. Früher waren ein gutes Gehalt und eine steile Lernkurve oft die größten Motivationsfaktoren. Mehr brauchte es nicht für volle Leistungsbereitschaft. Bewerber haushalten heute deutlich stärker mit ihrer verfügbaren freien Zeit.
„Der kulturelle Fit ist wesentlich.“
Die Zeit, in der man arbeitet, möchte man dann in sinnstiftende Tätigkeiten investieren. Und das in möglichst schlanken Strukturen und flachen Hierarchien.
Auch der Zugang zum „Frequent Traveln“hat sich massiv verändert. Früher war es ein Statussymbol, viel im Job herumzukommen – Meilen und Hotelpunkte zu sammeln. Man war stolz darauf. Bewerber sind diesbezüglich kritischer geworden und der Drang zum Homeoffice ist auch in unserer Branche spürbar. Zwar hat Corona hier auf Kundenseite die Akzeptanz zu mehr Beratung aus der Ferne deutlich erhöht, nichtsdestotrotz ist – besonders unser Zugang zur Beratung – ein „People-“und ein „Trust-Business“. Und beides, sowohl zwischenmenschliche Kooperation als auch Vertrauen, lassen sich wesentlich besser persönlich aufbauen als via Zoom, Teams und Co. – Millionen Jahre evolutionäre Realitäten lassen sich nicht einfach technologisch wegdiskutieren.
Wie schaffen Sie es als SHS hier, im „Kampf um Talente“mitzuhalten?
Der Job ist anspruchsvoll. Das liegt in seiner Natur. Das können wir nicht ändern – wollen wir auch gar nicht. Was wir aber tun können, ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl Beratung als auch Privatleben ermöglichen. Von der 4-Tage-Woche, die einem mehr Zeit mit der Familie ermöglicht, über mehrmonatige Auszeiten für die Backpacking-Tour bis hin zu einem Sabbatical für den MBA, ist so gut wie alles möglich. Das ist bei SHS auch nicht erst seit Corona so. Wir nutzen die Vorzüge des Projektgeschäftes voll aus. Und: Urlaub ist Urlaub, Wochenende ist Wochenende und Feierabend ist Feierabend. Nur wer ausreichend abschalten kann, kann seine Akkus geladen halten.
Shout-out. Wie sieht der ideale Bewerber für Sie aus? Wonach suchen Sie konkret?
Nach Beratern die Know-how mitbringen, analytisch und strukturiert vorgehen und obendrein ein umsetzbares von einem theoretischen Konzept unterscheiden können.
Hier stehen viele Unternehmen an. Im Wesentlichen lässt es sich auf zwei Schlüsseleigenschaften reduzieren: Neugierde und der Drang zur Weiterentwicklung. Methoden, Tools und Fachwissen sind erlernbar.
„Vielleicht verrückt, aber ich würde mich immer wieder für diesen Job entscheiden.“
„Der Job ist anspruchsvoll. Das können wir nicht ändern – wollen wir auch nicht.“
Die intrinsische Motivation, Ursachen und Wirkungszusammenhänge zu verstehen und zu beweisen, sowie die Lernkurve steilzuhalten, müssen aber Teil der DNA des Bewerbers sein – denn sie sind Teil unserer.