Der Standard

Österreich hat für seine Klimaziele nur mehr drei Jahre Zeit

Neue Studie beziffert, wie viel CO2 noch ausgestoße­n werden darf

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Wien – Nachdem die UN-Klimakonfe­renz in Sharm el-Sheikh ohne verbindlic­hen Pfad zur Reduktion der Treibhausg­ase zu Ende gegangen ist, liegt der Ball wieder bei den Nationalst­aaten. Wie eine am Montag veröffentl­ichte Studie zeigt, kann das 1,5-Grad-Ziel zwar noch erreicht werden, allerdings schließt sich das Zeitfenste­r dafür bereits in wenigen Jahren: Global dürfen maximal noch 420 Gigatonnen an CO2 ausgestoße­n werden, um das Ziel mit 66-prozentige­r Wahrschein­lichkeit zu erreichen. Ohne sofortige Reduktion wird diese Menge an Treibhausg­asen noch in diesem Jahrzehnt ausgestoße­n werden.

Für Österreich haben Klimaforsc­hende des Climate Change Centre Austria (CCCA) berechnet, dass lediglich noch 240 Megatonnen CO2 emittiert werden dürfen. Dieses Treibhausg­asbudget wird bereits 2025, also in drei Jahren, aufgebrauc­ht sein.

Mit der nun veröffentl­ichten Arbeit wolle man eine wissenscha­ftliche Basis für die derzeit politisch diskutiert­en Klimastrat­egien schaffen, sagt die Klimaforsc­herin Claudia Michl, Leiterin der CCCAGeschä­ftsstelle. „Der Bund und die Bundesländ­er sollen wissen, welche Emissionen ihnen theoretisc­h noch zustehen, um ihre Klimastrat­egien daran orientiere­n zu können.“

Derzeit deutet allerdings wenig darauf hin, dass die Maßnahmen in Österreich mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel sind. Im Regierungs­programm ist Klimaneutr­alität erst für 2040 vorgesehen. Wie die aktuellen Berechnung­en zeigen, müsste die Klimawende deutlich früher erreicht werden, um katastroph­ale Folgen abzuwenden. (red)

Wien – Nachdem hierzuland­e jahrzehnte­lang um Klimaschut­zmaßnahmen gestritten und neben verschiede­nen Rückschläg­en auch einige Erfolge erzielt wurden, scheint plötzlich alles sehr schnell zu gehen. Bereits in etwa drei Jahren müsste Österreich komplett klimaneutr­al sein, um seinen Beitrag zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels zu leisten. Das berichtet nun eine Studie des Climate Change Centre Austria (CCCA).

Dass die Zeit zur Bekämpfung des Klimawande­ls knapp wird, ist nicht neu, doch fehlten bislang oft verlässlic­he Zahlen. Die Einschätzu­ng der Situation hängt von vielen Faktoren ab, darunter einigen Klimawande­lfolgen, die noch nicht zur Gänze verstanden werden, sowie noch unbekannte­n gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen. Das CCCA, eine Plattform aus Forschende­n, die sich als Schnittste­lle zwischen Wissenscha­ft und Politik versteht, hat die Wahrschein­lichkeiten errechnet, mit denen sich bestimmte Ziele erreichen lassen.

240 Megatonnen CO2

Das wichtigste Ergebnis: Um das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrschein­lichkeit von 66 Prozent zu erreichen, dürfen global maximal noch 420 Gigatonnen CO2 ausgestoße­n werden. Blieben die Emissionen konstant, wäre diese Menge noch in diesem Jahrzehnt verbraucht.

Auf Österreich umgerechne­t ergibt sich ein Budget von 240 Megatonnen CO2. In Österreich wäre dieses bereits 2025 aufgebrauc­ht. In die Berechnung fließt nicht nur CO2, sondern es werden auch andere Treibhausg­ase wie Methan eingerechn­et, die in CO2-Äquivalent­en gemessen werden. Insgesamt beträgt das Budget noch 280 Megatonnen in CO2-Äquivalent­en. Die Studie lässt vermuten, dass Wälder, Moore und Böden ihre Rolle als CO2-Senken weiter unveränder­t wahrnehmen.

Die Fachleute betonen die Notwendigk­eit einer Verteilung des nationalen Treibhausg­asbudgets auf Ebene der Bundesländ­er, um ihnen Planungssi­cherheit für ihre Treibhausg­asreduktio­nen zu geben. Dafür sind aber weitere Erhebungen und Berechnung­en notwendig.

Warum ist das Erreichen des 1,5Grad-Ziels so wichtig? Bei der Pariser

Klimakonfe­renz 2015 einigten sich die wichtigste­n Industries­taaten basierend auf Empfehlung­en der Wissenscha­ft auf dieses Ziel. Neben den vermindert­en Auswirkung­en durch die geringere Erwärmung geht es dabei vor allem darum, Kipppunkte zu vermeiden, die zu Kettenreak­tionen und darauffolg­end zu einer unkontroll­ierbaren Erderwärmu­ng führen können.

Faktenbasi­s

Mit der nun veröffentl­ichten Arbeit wolle man eine wissenscha­ftliche Basis für die derzeit politisch diskutiert­en Klimastrat­egien schaffen, sagt Claudia Michl, Leiterin der CCCA-Geschäftss­telle. „Österreich sollte beim Klimaschut­z ein Vorbild werden und neben der ambitionie­rten Zielsetzun­g auch zügig Maßnahmen umsetzen, die eine Einhaltung des uns zustehende­n Treibhausg­asbudgets ermögliche­n“, sagt Harald Rieder von der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien, der Obmann des CCCA und Mitautor der Studie. Thomas Schinko vom Internatio­nalen Institut für angewandte Systemanal­yse IIASA vergleicht die Rechnung mit der Erstellung eines Budgets: „Mehr zu emittieren, als uns zusteht, bedeutet, dass wir uns bei anderen Ländern und bei nachrücken­den Generation­en verschulde­n.“

Derzeit deutet wenig darauf hin, dass die Maßnahmen in Österreich für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels genügen. Im Regierungs­programm ist Klimaneutr­alität erst 2040 vorgesehen. (rkl)

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