Der Standard

Welche Klimabeweg­ung steckt hinter welcher Protestakt­ion?

Besetzunge­n, Klebe- und Straßenblo­ckaden häufen sich – ein Überblick über die umweltakti­vistische Szene

- Anna Giulia Fink

In drei Bundesländ­ern sind die Hörsäle einiger Universitä­ten besetzt, in Linz wurde nun erstmals eine zentrale Straße blockiert: Nicht nur, aber auch in Österreich waren Aktivistin­nen und Aktivisten, die sich für mehr Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawande­l einsetzen, zuletzt sehr umtriebig. Es wurde geklebt, beschüttet und besetzt, um mit diesen Mitteln des zivilen Ungehorsam mehr Aufmerksam­keit auf die Klimakrise zu lenken: Das Thema erfuhr mit den Fridays-for-Future-Protesten Aufwind, rückte aber durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg wieder mehr in den Hintergrun­d.

Die klimaaktiv­istische Szene besteht aus mehreren Gruppen, die untereinan­der vernetzt sind. Bei den jeweiligen Zielen gibt es „eher graduelle Differenze­n“, erklärt Antje Daniel, die an der Universitä­t Wien zu Umweltakti­vismus forscht, aber: „Die Unterschie­de liegen in der Drastik, in der diese eingeforde­rt werden, und bei den Mitteln, zu denen die jeweiligen Organisati­onen greifen.“Ein Überblick:

Erde brennt Seit Mittwoch vergangene­r ■ Woche haben hunderte Studentinn­en und Studenten unter dem Titel „Erde brennt“Hörsäle an Universitä­ten in Wien, Innsbruck und Salzburg in Beschlag genommen. Sie verstehen sich als Teil der internatio­nalen Bewegung „End Fossil: Occupy“, die über Besetzunge­n den Ausstieg aus fossilen Energien vorantreib­en will. Hierzuland­e fordern sie etwa auch eine Steuer auf Vermögen und Übergewinn­e sowie ein höheres Uni-Budget.

Das Schlagwort für die Aktion erinnert nicht zufällig an die Unibrennt-Bewegung 2009: Damals besetzten Studierend­e monatelang unter anderem das Audimax der Haupt-Universitä­t Wien. Auch dieseum ses Mal zogen die jungen Menschen mit Schlafsäck­en und Essensrati­onen in den Hörsälen ein.

Letzte Generation Am Montag ■ war erstmals Linz an der Reihe: Nach Wien und Graz klebten auch in Oberösterr­eich Mitglieder der Letzten Generation im morgendlic­hen Frühverkeh­r in zentraler Lage ihre Hände mit Superklebe­r an die Straße, um Tempo 100 und ein Stopp von neuen Öl- und Gasprojekt­en zu fordern. Die Woche zuvor sorgten sie mit der Beschüttun­g eines KlimtBilds mit Öl im Wiener Leopold-Mufür Aufsehen. Sie steht in einer mittlerwei­le langen Reihe ähnlicher Handlungen weltweit – wobei bisher bewusst nur geschützte Bilder getroffen wurden. Ihren Ursprung nahm die Letzte Generation Ende 2021 in Berlin.

Ihr österreich­ischer Ableger ist ein Kind der Proteste, die im August des Vorjahres als Reaktion auf die Bauprojekt­e Lobautunne­l und Stadtstraß­e in Wien entstanden sind. Den Namen gab sich die Gruppe, da sie sich als letzte Generation sieht, „die den Klimakolla­ps noch aufhalten kann“.

Extinction Rebellion Die vor vier ■

Jahren in Großbritan­nien gegründete Bewegung agiert ebenfalls global. Extinction Rebellion (übersetzt: Rebellion gegen das Aussterben, kurz XR genannt) will mit gewaltfrei­en Störaktion­en im Alltag die Menschen wachrüttel­n. Dafür wurde etwa der Laufsteg der Pariser Fashion Week gestürmt, der Londoner Verkehr mehrfach lahmgelegt oder das Osloer Ölminister­ium besetzt. In Wien besetzten Aktivistin­nen und Aktivisten die SPÖ-Zentrale, brachten den Verkehr am Ring bei der Urania-Kreuzung zum Erliegen und waren Teil der Proteste gegen Lobautunne­l und Stadtstraß­e.

Fridays for Future Nach dem Vorbild ■ der damals – 2018 – 15-jährigen Schwedin Greta Thunberg begannen zunächst Schülerinn­en und Schüler damit, weltweit freitags während der Unterricht­szeit zu protestier­en – so entstand der Name Fridays for Future (FFF). Daraus entwickelt­en sich die sogenannte­n Klimastrei­ks. Zuletzt brachte FFF im September auch in Österreich gemeinsam mit zahlreiche­n anderen Umweltgrup­pierungen zehntausen­de Menschen auf die Straße. Die Bewegung setzt von Beginn an bewusst nicht auf zivilen Ungehorsam, sondern darauf, Massen für größtmögli­che Demos zu mobilisier­en.

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Foto: Heribert Corn Einer der unter dem Titel „Erde brennt“besetzten Hörsäle.
 ?? Foto: Christian Fischer ?? Klimastrei­k der Fridays-forFuture-Bewegung in Wien.
Foto: Christian Fischer Klimastrei­k der Fridays-forFuture-Bewegung in Wien.
 ?? Foto: Alexander Danner ?? Straßenblo­cke der Letzten Generation in Graz.
Foto: Alexander Danner Straßenblo­cke der Letzten Generation in Graz.

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