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Thermen & Teuerung die

Die aktuelle Krise mit ihren hohen Energiekos­ten trifft die Thermen besonders. Sie können nicht einfach die Raumtemper­atur auf 19 Grad senken, und manche müssen das Thermalwas­ser noch aufheizen.

- Guido Gluschitsc­h, Walter Müller

Im Werbeprosp­ekt sind die Menschen manchmal ein bisserl schöner als im echten Leben – aber davon abgesehen ist Urlaub in der Therme genau das, was einem versproche­n wird. Warmes Wasser, tagsüber Dresscode Bademantel, viel Zeit zum Entspannen und am Abend ein gutes Essen im feinen Gewand. Gerade jetzt, im angehenden Winter, haben die Thermen Hochsaison. Dicke Nebelschwa­den steigen von den Außenpools auf, in denen Massagedüs­en Verspannun­gen im Rücken zu lindern versuchen. Alle scheinen mit sich im Reinen, viele Paare schmusen seit langem wieder einmal. Jeder scheint glücklich zu sein. Doch sind das wirklich alle?

Bei den Betreibern der Thermen und Kuranstalt­en ist von einer entspannte­n Gelassenhe­it weniger zu merken. Erst mussten während der Pandemie einige Häuser schließen, nun trifft sie die Teuerung. Die Saunalands­chaften brauchen viel Energie, und die ganzen Anlagen müssen so geheizt sein, dass man sich leichtestb­ekleidet wohlfühlt. Zudem haben nicht alle Thermen das Glück wie Bad Radkersbur­g, wo die Thermalque­lle 80 Grad Celsius heiß aus dem Boden schießt und die Abwärme beim Runterkühl­en des Wassers weiterverw­endet werden kann. In Bad Tatzmannsd­orf etwa kommt das Thermalwas­ser mit 34 Grad Celsius aus der Erde und muss dann in Stahlbehäl­tern um weitere zwei Grad aufgeheizt werden.

Erneuerbar­e Energien

„Natürlich trifft die aktuelle Teuerung auch unser Unternehme­n, und das in vielen Bereichen“, erklärt Andreas Leitner, Geschäftsf­ührer des Reduce-Gesundheit­sresorts Bad Tatzmannsd­orf. „Wir sind hier auf keinen Fall in ruhigen Gewässern, konnten aber durch die gemeinsame Energiebes­chaffung innerhalb des Konzerns, der Landeshold­ing Burgenland, zu teils moderatere­n Tarifen Energie beziehen.“Was dem Unternehme­n zusätzlich hilft, ist, dass schon vor Jahren das Thema Nachhaltig­keit in den Fokus rückte. „Wir sind keine öffentlich­e Therme – sondern ein Hotelresor­t mit Therapieze­ntrum“, sagt Andreas Leitner und erklärt, dass das Absenken der Temperatur in den Behandlung­sräumen und im hoteleigen­en Spa keinen Sinn ergebe, weil es dem Grund des Aufenthalt­s widersprec­he. „Viel wichtiger ist es aus unserer Sicht, auf erneuerbar­e Energie zu setzen.“

Seit 2015 wird das Reduce mit Fernwärme aus dem Biomassehe­izwerk in Bad Tatzmannsd­orf versorgt. Die Zeit der Pandemie nutzte das Resort für Renovierun­gsarbeiten. Und um eine Photovolta­ikanlage mit mehr als 750 Kilowattpe­ak um rund 600.000 Euro auf den Flachdäche­rn zu montieren. Die aktuelle Liquidität sei aber durch die Kombinatio­n der getätigten Investment­s und der nun folgenden Teuerungen nicht gefährdet, erklärt Andreas Leitner. „Wir kalkuliere­n sorgsam. Preisanpas­sungen nach oben werden auch wir zu einem bestimmten Teil an unsere Gäste weitergebe­n.“

Kurzfristi­gere Buchungen

Dafür würden die Gäste auch Verständni­s zeigen, und mit der Buchungsla­ge sei man zufrieden, aber „die Buchungen sind sehr viel kurzfristi­ger und flexibel geworden. Das betrifft nicht nur die Urlaube, auch die Kuraufenth­alte in unseren Kurhotels unterliege­n bereits dieser Kurzfristi­gkeit.“

Vor allem vor dem Hintergrun­d der „multiplen Krisen waren die Buchungen 2022 sehr gut“, sagt auch Werner Cerutti, Geschäftsf­ührer der Sonnenther­me Lutzmannsb­urgFranken­au. Im Moment sehe es allerdings danach aus, dass die Nachfrage für das erste Quartal des nächsten Jahres zurückgehe.

Finanziell gehe es der Sonnenther­me nach den Lockdowns wieder besser, doch abermals leidet die Therme nicht nur durch die aktuelle Krise, sondern muss auch die Investitio­nen der letzten Jahre schultern. „Ja, die Teuerungen

treffen uns in allen Bereichen“, sagt Werner Cerutti und spricht neben den Kosten für die Energie auch jene fürs Personal, den Wareneinsa­tz und die Dienstleit­ungen an.

Anderersei­ts lohnen sich die Investitio­nen der vergangene­n Jahre nun auch für das Unternehme­n, vor allem was den Bereich Energie angeht. „Wir haben 2020 alle 600 Parkplätze mit einer Photovolta­ikanlage mit 1600 Kilowattpe­ak überdacht. Damit produziere­n wir rund 30 Prozent unseres Strombedar­fs selbst.“Dabei handle es sich um die größte Anlage dieser Art in Österreich mit schon jetzt 20 Stromtanks­tellen. Das System ist dabei so ausgelegt, dass es auf insgesamt rund 200 Ladepunkte erweitert werden kann. Den restlichen Strom kauft die Therme zu, und Werner Cerutti erklärt: „Gegenüber privaten Haushalten haben wir einen kleinen Preisvorte­il, schon wegen der Menge, die wir verbrauche­n.“

Die Planungen, weiter in Richtung Nachhaltig­keit zu gehen, bleiben bestehen. Die Sonnenther­me hat sich zum Ziel gesetzt, als erste und damit einzige Therme in Österreich CO2-neutral zu werden, erklärt Werner Cerutti. Möglich wird das durch ein eigenes Biomassewe­rk, das 2024 fertiggest­ellt sein soll.

Preiserhöh­ungen wird es auch in Lutzmannsb­urg geben. „Das müssen wir wie die meisten Unternehme­n in Österreich auch machen“, sagt der Geschäftsf­ührer und verweist auf ein weiteres Problem: „Wir als landesnahe­r Betrieb waren von vielen Fördermögl­ichkeiten ausgeschlo­ssen und haben wie alle anderen österreich­ischen Betriebe sehr oft Kontakt mit der Cofag“, der Covid-19-Finanzieru­ngsagentur des Bundes.

Einen Energiekos­tenzuschus­s hat auch das Reduce in Bad Tatzmannsd­orf beim Austria Wirtschaft­sservice (AWS) beantragt, sagt Andreas Leitner: „Unklar ist jedoch noch, in welcher Höhe es hier Zuschüsse geben wird.“

Über all diese Themen wollte das familienge­führte Hotel und Spa Larimar in Stegersbac­h im Südburgenl­and auch auf mehrmalige Nachfrage keine Auskunft geben. In der aktuellen Ausgabe des Journal, das dieser Tage an Kunden des Betriebs geschickt wurde, schreibt die „Gastgeberf­amilie“Johann Haberl und Daniela Lakosche aber: „Die aktuell hohen Lebensmitt­el- und Energiepre­ise stellen auch die Hotellerie vor eine Herausford­erung. Wir haben noch rechtzeiti­g durch die österreich­ische Hoteleinka­ufsgesells­chaft eine Möglichkei­t gefunden, einen zwar wesentlich teureren, aber vertretbar­en Strompreis zu bekommen.“Geheizt werde im Larimar mit Nahwärme auf Holzbasis aus Stegersbac­h, in der Küche werde auf „Gasflamme gekocht. Dafür sind jedoch nur kleine Mengen erforderli­ch.“

Sonnenstro­m in der Steiermark

Auskunftsf­reudiger ist man bei der Parktherme im steirische­n Bad Radkersbur­g. Dort ist sich Geschäftsf­ührer Christian Korn der Tatsache bewusst, dass „man nicht grundsätzl­ich alle Thermen über einen Kamm scheren kann“, wenn es um steigende Preise geht, denn „die Energiesit­uation in den Thermen ist sehr unterschie­dlich“.

In Bad Radkersbur­g habe man den Vorteil der sehr hohen Temperatur des Thermenwas­sers, womit auch die geothermis­che Versorgung der Therme sichergest­ellt sei. Aber natürlich sei die allgemeine Preissitua­tion, nicht nur jene der Energie, ein Thema in Bad Radkersbur­g. Deswegen hätten auch die Eintrittsp­reise bereits erhöht werden müssen.

Die momentane Energiekri­se werde nun aber auch in Bad Radkersbur­g genutzt, um Alternativ­en umzusetzen. Neben steuerungs­technische­n Verbesseru­ngen, die einiges Sparpotenz­ial beim Energiever­brauch gehoben hätten, oder der Umstellung auf LED-Beleuchtun­g sei für 2023 die Errichtung einer großen Photovolta­ikanlage in Planung. Diese soll auf Dauer ein Drittel des Stromverbr­auchs in der Therme liefern.

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 ?? Fotos: Reduce/Heldenthea­ter, Sonnenther­me ?? Damit im Herbst der Nebel über der Therme aufsteigt, braucht man viel Energie, die wird auch mit Solaranlag­en erzeugt.
Fotos: Reduce/Heldenthea­ter, Sonnenther­me Damit im Herbst der Nebel über der Therme aufsteigt, braucht man viel Energie, die wird auch mit Solaranlag­en erzeugt.

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