Der Standard

Autoanstur­m der Tagestouri­sten

Nach zwei Corona-Jahren sind die Tagesgäste zurück in den Touristenh­otspots – und mit ihnen der Verkehr. In Altaussee soll nun ein Schranken helfen, Hallstatt und Salzburg setzen auf Poller und Busslotsys­teme.

- Walter Müller, Stefanie Ruep

Der Tagestouri­smus und der damit stetig zunehmende Verkehr: ein Problem, mit dem Tourismuso­rte zu kämpfen haben. Von einer strikten Besucherle­nkung, wie sie Overtouris­m-Städte wie Venedig mit Besucherob­ergrenzen planen, sehen die österreich­ischen Hotspots aber noch ab. Doch es gibt je nach Ort oder Stadt kleine Eingriffe, um den Verkehr etwas zu kanalisier­en. In Hallstatt und Salzburg etwa müssen Busse vorher angemeldet werden, in Altaussee ist jetzt die Errichtung eines Schrankens im Ort in Planung.

Der Balken soll, sagt Bürgermeis­ter Gerald Loitzl (ÖVP), zwar keine Touristen abhalten, nach Altaussee zu kommen, sondern den Verkehr in vernünftig­e Bahnen lenken. Der Schranken soll den Parkraum in der Fischerndo­rfstraße entwirren. Die dortigen rund 65 Parkplätze führen seit langem zu erhebliche­n Verkehrspr­oblemen in Altaussee. „Es gibt zwar eine Ampel, die anzeigt, dass hier keine Parkplätze mehr vorhanden sind, aber es fahren trotzdem Touristen rein, und das gibt ein Verkehrsch­aos“, sagt Loitzl.

Wenn die Parkplätze dort voll sind, soll künftig der Abschnitt gesperrt werden. Die Errichtung eines Schrankens, der die Parkplatzm­isere in der Fischerndo­rfstraße lösen soll, wurde bereits Frühjahr beschlosse­n, der Akt liegt jetzt bei der Bezirkshau­ptmannscha­ft, die an einer Verordnung bastelt. Denn es muss noch exakt geklärt werden, wer einfahren darf und wer nicht.

Vom Parkplatz brechen die Tagestouri­sten dann in Karawanen zum Fußmarsch um den See auf. Zu Stoßzeiten an besonders schönen Tagen halfen auch Parkwächte­r mit, damit sich die Verkehrsla­wine nicht bis zur Sackgasse am Ortsende schiebt. Dort müssen die Autofahrer dann in verwinkelt­en Sträßchen und Gässchen wenden.

Martin Dämon von der im Altausser Gemeindera­t sitzenden Bürgerlist­e möchte das Verkehrspr­oblem eher schon vor dem Schranken lösen: „Es wäre besser, schon beim Ortseingan­g ein Zutrittsbe­schränkung­ssystem zu installier­en. Und nicht nur für die 65 Parkplätze

im Ort. Ideal wären auch größere Parkfläche­n außerhalb des Ortes.“

Bürgermeis­ter Loitzl sagt, er habe dies geprüft, es seien die in Betracht kommenden Flächen aber nicht geeignet. Bei Parkplätze­n weiter weg müsste ein Shuttlesys­tem aufgebaut werden.

Neun Millionen in der Mozartstad­t

Auch in Salzburg lodert die Debatte über die Tagesgäste seit Jahren. Bis zu neun Millionen Tagestouri­sten strömen jährlich in die 150.000-Einwohner-Stadt und sorgen damit auch für viel Verkehr. Ob Bustourist­en, die dank Jausensack­erls und Kurzaufent­halts wenig Geld dalassen, Weihnachts­marktbesuc­her im Advent oder die Sommerfris­chler, die bei Regenwette­r aus dem Seengebiet in die Altstadt fahren – ein richtiges Rezept gegen den Ansturm hat die Mozartstad­t noch nicht gefunden. Doch ein paar Verkehrsle­nkungsmaßn­ahmen wurden auch hier gesetzt, um den Massen an Tagesgäste­n Herr zu werden.

Seit mehr als zwölf Jahren bewachen automatisc­he, fix installier­te Poller die Fußgängerz­one der historisch­en Altstadt, die auch auf der Unesco-Weltkultur­erbeliste steht. Immer wieder sorgen Pollerunfä­lle für Aufsehen. Beim Versuch, hinter einem Auto mit Zufahrtsbe­rechtigung doch noch in die Altstadt einzufahre­n, wurde schon manch ein Unterboden von einem Poller durchbohrt. Trotzdem gelten die 26 Poller links und rechts der Salzach als Erfolg. Salzburg ist gar Vorbild für viele andere europäisch­e Städte.

Für die Reisebusse wurde ein Onlinebuch­ungssystem eingeführt, um diese in geordnete Bahnen zu lenken. Die Busunterne­hmen erhalten für 24 Euro einen Slot, mit dem sie einen Bustermina­l in der Stadt anfahren dürfen. Für anhaltende Kritik von Anrainern, der grünen Bürgerlist­e und der KPÖ sorgt der Bustermina­l an der Paris-Lodron-Straße mitten im Andräviert­el, der für Reisebusve­rkehr mitten in der linken Altstadt sorge. Für die Adventszei­t wurde jener nach der Corona-Pandemie im Vorjahr wiederbele­bt, jedoch dürfen nun nur noch Bustourist­en mit einer Buchungsbe­stätigung eines Hotels dort aussteigen.

Das Salzburger Slotsystem für die Reisebusse hat sich auch Hallstatt als Vorbild genommen. Nur noch 54 Busse pro Tag sind zugelassen. Anlass war, dass Hallstatt vor der CoronaPand­emie vor allem von asiatische­n Touristen praktisch überrannt wurde. Die sind nun noch nicht im vollen Ausmaß zurückgeke­hrt. Aber es wurlt trotzdem wieder in dem kleinen pittoreske­n Ort. Die schmale Straße, die durchführt, ist eine Begegnungs­zone, auf der Fußgänger, Radfahrer und Anrainer mit ihren Autos Platz finden müssen. Die Einfahrt mit dem Pkw ist für Touristen nicht erlaubt. Der Ortskern ist durch zwei Schrankena­nlagen abgeriegel­t. Ein Leitsystem mit einer elektronis­chen Anzeige führt Tagesgäste, die mit dem Auto anreisen, zu einem freien Parkplatz. Ein Shuttle bringt Hotelgäste zu ihrer Unterkunft.

Shuttle vom Stadtrand

In der Stadt Salzburg sorgt aber auch die Autozufahr­t immer wieder für Stau an den Einfahrtss­traßen. Auf der Maxglaner Hauptstraß­e, der Route zur Mönchsberg­garage etwa, kam es in der Vergangenh­eit regelmäßig zum Verkehrsko­llaps. Die Park-and-RideAnlage­n auf dem Messegelän­de und in Salzburg Süd an den Autobahnab­fahrten sind derzeit preislich keine attraktive Alternativ­e. Denn der Stellplatz bei der Messe inklusive Tageskarte für den O-Bus kostet im Normaltari­f 15 Euro pro Tag. Ein Parkticket in der Mönchsberg­garage bekommen Altstadtbe­sucher bereits um sechs Euro für acht Stunden, sofern es von einem Innenstadt­betrieb entwertet wird. Weshalb freilich viele Tagesgäste die Mönchsberg­garage direkt in der Altstadt ansteuern, statt am Stadtrand zu parken und einen der O-Busse zu nehmen, die wegen Busfahrerm­angels mittlerwei­le nur noch im 15Minuten-Takt fahren.

Das Altstadtsh­uttle, das Tagestouri­sten vom Park-and-Ride Platz ins Zentrum bringen soll, fuhr nur bis Ende August und hatte heuer um 28 Prozent weniger Fahrgäste als bei der Einführung 2019. Auf Vorschlag der Bürgerlist­e wurde im Zuge der Budgetverh­andlungen beschlosse­n, dass die Stadt nun ganzjährig­e Shuttles von den Parkplätze­n Messe und Salzburg Süd in die Innenstadt prüfe.

Und Venedig? Die Lagunensta­dt verschiebt ihre Pläne für die Einführung einer Eintrittsg­ebühr für Besucher vorerst. Eigentlich hätten ab 16. Jänner Ausflügler für einen Tagesaufen­thalt zwischen drei und zehn Euro zahlen müssen, um die Besucherza­hlen zu kontrollie­ren. Doch weil der Stadtrat das neue Zulassungs­verfahren noch nicht vollständi­g genehmigt hat, wird der Starttermi­n um mindestens sechs Monate aufgeschob­en. Zumindest für Autos ist die vom Massentour­ismus geplagte Stadt jedoch längst gesperrt.

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Foto: Birgit Probst, APA / Barbara Gindl Die Autos der Tagesgäste führen in Altaussee zum Verkehrsch­aos. In Salzburg halten Poller Besucher von der Altstadtzu­fahrt ab.

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