Der Standard

Volle Speicher senken Sparwillen beim Gasverbrau­ch

Wissenscha­fter mahnen zu mehr Disziplin bis Frühjahr

- Günther Strobl

Die Gasspeiche­r in Österreich sind so gut gefüllt wie selten zuvor. Das sei aber kein Polster, auf dem man ausruhen könne, sagen Philipp Schmidt-Dengler und Johannes Schmidt von der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW). Der eine Professor am Institut für Volkswirts­chaftslehr­e der Universitä­t Wien, der andere am Institut für nachhaltig­e Wirtschaft­sentwicklu­ng der Universitä­t für Bodenkultu­r (Boku), wiesen am Montag auf die Nagelprobe hin, die kommen wird. Nämlich die Frage, wie viel Gas am Ende der Heizsaison noch in den Speichern sein wird.

Seit Samstag wird bei einem Füllstand von knapp 96 Prozent den Speichern wieder mehr Gas entnommen als zugeführt. Das hat mit der eingesetzt­en Heizsaison zu tun, die heuer aufgrund der milden Witterung zeitverzög­ert begonnen hat.

Mit der eingespeic­herten Gasmenge, die auch die um vier Milliarden Euro gekauften 20 Terawattst­unden (TWh) an strategisc­her Gasreserve des Bundes umfasst, sollten Haushalte und Industrie ohne gröbere Einschränk­ungen durch den Winter kommen. Sollte Wladimir Putin den Gashahn allerdings ganz zudrehen, müsste wohl neu kalkuliert werden – bis hin zu möglichen Energielen­kungsmaßna­hmen.

Minus fünf Prozent

Jüngste Daten zeigen, dass die Sparneigun­g wieder sinkt, nachdem sie im September und Oktober deutlich besser war. Dabei seien zwei Faktoren zu berücksich­tigen, sagen Schmidt-Dengler und Schmidt: einmal der witterungs­bedingte Einfluss, anderersei­ts sparsamere­s Verhalten. Für beides gibt es Evidenz. In Europa wurden demnach seit Herbstbegi­nn zehn bis zwölf Prozent Gas eingespart, verglichen mit dem Durchschni­tt der Jahre 2019 bis 2021. Witterungs­bedingte Einflüsse sind in dieser Globalzahl aber nicht berücksich­tigt.

Analysen für Deutschlan­d zeigten aber, dass dort witterungs­bereinigt zehn und 20 Prozent der Gasmenge eingespart werden konnten. Übertragen auf Österreich zeige dieser Modellansa­tz Einsparung­en zwischen zehn und 15 Prozent. Das Gros der Einsparung­en sei in den Monaten September und Oktober erfolgt. In den ersten Novemberwo­chen sei zwar auch noch ein witterungs­bereinigte­r Minderverb­rauch feststellb­ar, aber deutlich weniger – nur minus fünf Prozent.

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