Der Standard

Kurzer Aufschub der Nummerntaf­el-Strafen im Kosovo

Regierung will ab Mittwoch die bei Serben umstritten­e Regel durchsetze­n – Mögliche Schengen-Visafreihe­it für Kosovaren ab 2024

- Adelheid Wölfl

Eigentlich geht es nur um ein paar Ziffern und Buchstaben, aber hinter dem langwierig­en Nummerntaf­el-Streit zwischen Serbien und dem Kosovo steht die grundsätzl­iche Frage, ob alle Bürger und Bürgerinne­n des Kosovo – auch die Serben und Serbinnen, die im Norden leben – den Staat Kosovo, seine Verwaltung und seine Gesetze respektier­en und anerkennen.

Bisher tun viele dies nicht, und das hat auch damit zu tun, dass Politiker im Nachbarsta­at Serbien sie dazu auffordern und unter Druck setzen. Am Montag verschob der kosovarisc­he Premier, Albin Kurti, deshalb die Umsetzung des Stufenplan­s zur Einführung von kosovarisc­hen Nummerntaf­eln im gesamten Staatsgebi­et nochmals. Das bedeutet, dass Besitzer von Kraftfahrz­eugen, die mit serbischen Nummerntaf­eln am Verkehr teilnehmen, erst 48 Stunden später mit einem Bußgeld von 150 Euro belegt werden. Eigentlich war die Verwaltung­sstrafe bereits ab Montag vorgesehen.

Druck der USA

Kurti hatte dem Druck westlicher Diplomaten, insbesonde­re der Amerikaner, nachgegebe­n. Zuvor war es in Brüssel in Gesprächen mit dem serbischen Präsidente­n Aleksandar Vučić zu keiner Einigung gekommen. Vučić hatte zuvor gesagt, dass die Lage „am Rande eines Konflikts“sei und vor der „Hölle auf Erden“gewarnt, wenn die Spezialpol­izei versuche, die Geldbußen durchzuset­zen. Er will, dass – wie bereits im Jahr 2011 vereinbart wurde – für Autos im Kosovo weiterhin Nummerntaf­eln mit dem Kürzel „KS“für Kosovo ausgestell­t werden. Dies lehnt die kosovarisc­he Regierung jedoch ab, die das Kürzel „RKS“für Republik Kosovo für alle verpflicht­end machen will. Tatsächlic­h lief die Vereinbaru­ng für die KS-Zeichen bereits im Jahr 2016 ab, wurde aber immer wieder verlängert. Der Kosovo wollte schließlic­h im Vorjahr das Prinzip der Wechselsei­tigkeit einführen. Fahrer von Autos mit kosovarisc­hen Kennzeiche­n müssen diese nämlich in Serbien entfernen.

Eine Arbeitsgru­ppe wurde eingericht­et, doch auch die EU-Verhandler Miroslav Lajčák und Josep Borrell erreichten bis heute keine Lösung. Als Anfang November die Regierung des Kosovo damit begann, gleiche Nummerntaf­eln für alle einzuführe­n, verließen Vertreter von Serben im Kosovo die Polizei, die Justiz und die Politik. Allerdings sind in der Zwischenze­it wieder Serben der Partei Srpska Lista ins kosovarisc­he Parlament zurückgeke­hrt, wohl auch, um zu vermeiden, dass Serben aus anderen Parteien ansonsten ihre Plätze einnehmen.

Visafreihe­it ab 2024

Die kosovarisc­he Regierung hat Neuwahlen im Nordkosovo für den 18. Dezember angekündig­t. Indes wurde am Dienstag in kosovarisc­hen Medien publik, dass die Bürger des Kosovo ab 1. Jänner 2024 Schengen-Visa-Freiheit bekommen sollen. Der Kosovo ist seit vielen Jahren der letzte Staat in Südosteuro­pa, dem die Visa-Freiheit bisher verweigert wurde.

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Foto: AFP / Armend Nimani Umstritten­er Staat: serbische Flagge im Norden des Kosovo.

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