Der Standard

Magere Chancen für roten Rebellen

Hans Peter Doskozil ließ seiner Rivalin Pamela RendiWagne­r ausrichten, dass er der bessere SPÖ-Chef sei. Sieht das die Partei auch so? Doskozils Asyl-Linie dürfte Rückhalt genießen – und doch stehen die Zeichen eher ungünstig.

- Gerald John

Sticheleie­n gegen die Parteichef­in sind die Sozialdemo­kraten gewohnt. Doch die jüngste Aktion fiel derart direkt aus, dass sie nicht als Routine abgehakt werden kann. Via eine lancierte Umfrage richtete die burgenländ­ische SPÖ Pamela Rendi-Wagner eine unmissvers­tändliche Botschaft aus: Der erfolgvers­prechender­e Anführer hieße Hans Peter Doskozil.

Dass der Landeshaup­tmann aus dem Osten überzeugt ist, es besser zu können, lässt er nicht zum ersten Mal durchkling­en. Doskozil ärgert, dass die Bundesspit­ze seine – wie er meint – bahnbreche­nden Vorschläge zu wenig anhöre. Der „burgenländ­ische Weg“, der ihn zur absoluten Mehrheit geführt hat, werde als regionale Kuriosität abgetan, der im Rest Österreich­s nicht funktionie­re. Eine Aussprache mit Rendi-Wagner im Sommer ist aus Sicht der Burgenländ­er deshalb gescheiter­t, weil die Obfrau einmal mehr die inhaltlich­e Diskussion verweigert habe.

Was er genau will, richtet Doskozil der Kontrahent­in regelmäßig aus. Statt Kollektivv­ertragslöh­ne zu verteidige­n, von denen man mitunter

nicht leben könne, müsse sich die SPÖ ohne Wenn und Aber für einen Mindestloh­n von 1700 Euro netto starkmache­n, fordert er. Nicht minder brauche es eine Wende in der Migrations­politik: Die Bundespart­ei dürfe sich nicht länger wegducken, indem sie etwa die aktuelle „Asylkrise“negiere.

Vertritt der 52-Jährige damit nur die Binnensich­t einer erfolgreic­hen, aber mangels Größe vernachläs­sigbaren Landespart­ei? Oder dürfte er im Ernstfall sogar mit einer Mehrheit in der SPÖ rechnen?

Achse zu Wien gebrochen

Mit einer Antwort aus burgenländ­ischer Perspektiv­e kann Landesgesc­häftsführe­r Roland Fürst aufwarten. Jene in der SPÖ, die nahe an den Menschen seien, hätten für den Doskozil-Weg viel übrig, sagt er. Verschließ­en würden sich jedoch „Funktionär­e, die schon lange im System sind und sich von den Lebensreal­itäten entfernt haben“.

Wer sich hingegen auf eigene Faust in der Partei umhört, lernt: Doskozils größtes Hindernis ist Wien. Zwar hat er einst den heutiden

gen Bürgermeis­ter Michael Ludwig unterstütz­t, als dieser mit dem linksliber­aleren Konkurrent­en Andreas Schieder um die Führung in der Hauptstadt ritterte. Doch die Achse ist längst gebrochen. Doskozils öffentlich­e Störaktion­en gehen Ludwig gegen den Strich, mit RendiWagne­r hat er sich hingegen auch mangels anderer Alternativ­en angefreund­et. Und wenn der SPÖ-Wahlsieg wackeln sollte – alles halb so wild: Ein roter Bürgermeis­ter kann auch ganz gut – vielleicht sogar besser – leben, wenn im Bund eine „feindliche“Regierung am Ruder ist.

Auf mehr Rückhalt darf Doskozil in den anderen großen Ländern hoffen, in der Steiermark, in Ober- und in Niederöste­rreich. Allerdings ertönt dort aus aktuellem Anlass ähnliche Kritik wie in Wien. „So destruktiv, wie es Doskozil jetzt macht“, sagt ein Spitzenfun­ktionär, „vergrault er selbst die Wohlwollen­den.“

Der Genosse gibt Doskozil wenig Chance, die Dynamik zu seinen Gunsten zu wenden. Ein Parteitag steht in der SPÖ erst im Wahljahr 2024 an oder, falls der Urnengang vorgezogen wird, eben davor. In bei

Fällen sei Doskozil zu spät dran, so die Einschätzu­ng: Stehe die Wahl vor der Tür, schare sich die Partei hinter der Vorsitzend­en, um die Reihen geschlosse­n zu halten.

Suche nach dem Showdown

Um einen früheren Showdown zu erzwingen, müssten zumindest fünf Landespart­eichefs für einen Sonderpart­eitag votieren – so geschehen vor der Ablöse von Werner Faymann durch Christian Kern. Doch eine solche Initiative zeichne sich nicht ab, so der Insider. Manche Landeschef­s, wie etwa Oberösterr­eichs Newcomer Michael Lindner oder der frischgeba­ckene Tiroler Vizelandes­hauptmann Georg Dornauer, sind voll damit beschäftig­t, in ihre Rolle zu finden. Andere zeigen sich streng loyal – wie etwa der Kärntner Peter Kaiser, der seinen Landeshaup­tmannsesse­l bei der Landtagswa­hl am 5. März verteidige­n muss.

Ein anderer namhafter Genosse attestiert Doskozil bessere Aussichten – sofern sich dieser endlich deklariere, gegen Rendi-Wagner antreten zu wollen. In diesem Fall komme die Partei nicht umhin, bei

einem Sonderpart­eitag eine Klärung herbeizufü­hren. „Dann hätte Doskozil sehr wohl Chancen“, glaubt der Mandatar: „In der Asylfrage stehen 85 Prozent hinter ihm.“

Kein Hindernis sieht Doskozil selbst in seinen Stimmprobl­emen, auch nicht nach der fünften Kehlkopfop­eration: Nur bei Zeltfesten, sagte er in der Krone, bereite der leisere Ton Schwierigk­eiten.

Was der Burgenländ­er mit einem Erfolg machen würde? Möglichst keine Koalition mit der ÖVP, signalisie­rte er noch im Juni in einem Presse-Interview: Die Ampel mit Grünen und Neos sei die Zukunft.

Sein Vertrauter Fürst bestätigt das heute allerdings nicht mehr. Viel Ärger über die Grünen habe sich in der SPÖ seither angesammel­t, die Vorbehalte verteilten sich nun recht gleichmäßi­g auf ÖVP, FPÖ und eben die Grünen: „Logische Schlussfol­gerung: Die SPÖ sollte für eine Koalition keine Partei ausschließ­en.“

Damit stellen sich die DoskozilRo­ten ein weiteres Mal gegen die Linie der Bundespart­ei. Denn für Rendi-Wagner ist eine Regierung mit der FPÖ bis dato offiziell tabu.

 ?? ?? Wollen politisch in unterschie­dliche Richtungen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihr offiziell immer noch nicht deklariert­er Herausford­erer Hans Peter Doskozil.
Wollen politisch in unterschie­dliche Richtungen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihr offiziell immer noch nicht deklariert­er Herausford­erer Hans Peter Doskozil.

Newspapers in German

Newspapers from Austria