Der Standard

Krisenfolg­en für Versicheru­ngen

Teuerung beschert hohe Prämien, aber auch Ausgaben

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Wien – Zuerst die Pandemie, dann die Inflation und eine anrollende Pensionswe­lle: Die Versicheru­ngsbranche steht vor enormen Herausford­erungen. Doch nicht alle Veränderun­gen fallen so aus, wie sie zu erwarten wären, zeigt eine Studie von Telemark Marketing im Auftrag des Finanz-Marketing-Verbands Österreich. So offenbaren sich Teuerung und Klimawande­l als Chance und Risiko zugleich. Es winken mehr Nachfrage und damit höhere Einnahmen, gleichzeit­ig wird die Budgetieru­ng für Versicheru­ngsunterne­hmen zunehmend komplexer.

Um den Umgang von Österreich­s Versichere­rn mit den Krisen zu untersuche­n, hat Studienlei­ter Robert Sobotka zwölf Vorstände der 14 größten Versichere­r Österreich­s befragt. Diese haben akkumulier­t über 50 Prozent Marktantei­l, ihre Stimmen haben Gewicht in der Branche.

Die Studienerg­ebnisse fallen jedenfalls anders aus als in Anbetracht der aktuellen Rekordinfl­ation vermutet. Denn: Glaubt man den Erkenntnis­sen aus den Interviews, werden bestehende Versicheru­ngen nicht vermehrt gekündigt. Auch die aktuellen Quartalsbe­richte der Finanzmark­taufsicht scheinen die Aussagen zu bestätigen; die verrechnet­en Prämien für Versicheru­ngen stiegen in den ersten zwei Quartalen 2022 um jeweils rund sieben Prozent. Zu erwähnen ist allerdings, dass viele Prämien indexiert, also an die Inflation angepasst, sind. Ob diese Zusatzeinn­ahmen Kündigunge­n von Verträgen überdecken, geht aus den Daten nicht hervor. „Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass durch die Inflation auch größere Schäden bei den Reparature­n entstehen“, verweist Sobotka auf erhöhte Reparation­skosten, wie sie derzeit etwa bei Schäden im Haushalt zu beobachten sind.

Auch die Pandemie dürfte weniger Veränderun­gen angestoßen haben als in anderen Branchen. Der Onlinevert­rieb habe demnach bei weitem nicht so stark von der beschleuni­gten Digitalisi­erung profitiert wie von Experten erwartet. Stattdesse­n nehme die Nachfrage nach persönlich­en Beratungen wieder zu, so der Tenor der Chefs.

Segen und Fluch

Zunehmend in den Fokus rückt der Klimawande­l. Dieser sei Fluch und Segen zugleich: Schadensfä­lle wären zwar schwierige­r vorhersehb­ar und fielen deutlich höher aus; drohende Naturkatas­trophen wie Murenabgän­ge und Überschwem­mungen würden einige Gebiete gar unversiche­rbar machen, warnt Sobotka. Gleichzeit­ig würden Kunden aber vermehrt auf Versicheru­ngen zurückgrei­fen, um sich gegen die extreme Witterung zu wappnen.

Mittelfris­tig wird aber wohl der Arbeitskrä­ftemangel am meisten Probleme bereiten. Viele gehen in Pension, für Junge ist der Außendiens­t wenig attraktiv, sind sich die Branchenve­rtreter einig. Es brauche einen Imagewande­l. Zudem müsse das Gehaltsgef­älle in der Branche deutlich reduziert werden. (dwo)

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