FTX-Skandal wird immer größer
Der Crash der Kryptobörse FTX riss ein Riesenloch in die Branche. Neue Details zeigen, dass womöglich mit Kundengeldern Luxusimmobilien auf den Bahamas gekauft wurden. Der Markt wackelt.
Während der vergangenen zwei Wochen blieb in der Krypto-Welt kaum ein Stein auf dem anderen. Mit dem Zusammenbruch der Börse FTX wird die Branche noch lange zu kämpfen haben, vor allem weil täglich neue Details über den gigantischen Betrugsskandal bekannt werden.
So dürften Unternehmensgründer Sam Bankman-Fried, seine Eltern, Manager und die Börse selbst in den vergangenen Jahren mindestens 19 Immobilien im Wert von 121 Millionen Dollar (118 Mio. Euro) auf den Bahamas gekauft haben. Größtenteils luxuriöse Strandanlagen, wie aus Grundbuchauszügen hervorgeht. Auf den Bahamas befand sich bekanntlich auch der Hauptsitz des Unternehmens.
Die FTX-Gruppe habe aus Unternehmensgeldern Immobilien und andere persönliche Gegenstände für Beschäftigte und Berater finanziert, sagt der neue Geschäftsführer John Ray, nachdem er den Insolvenzantrag eingereicht hatte. Seit Ray FTX übernommen hat, übt er regelmäßig sehr scharfe Kritik an seinen Vorgängern: „In meinem ganzen Berufsleben habe ich noch kein solches Versagen der Unternehmenskontrolle gesehen“, schrieb er kürzlich in Unterlagen für das Insolvenzgericht von Delaware. Er habe außerdem Mängel bei der Aufsicht festgestellt, zudem sei die Macht bei FTX in den Händen einer kleinen Gruppe unerfahrener, nicht sachkundiger und möglicherweise verdächtiger Personen konzentriert gewesen.
Bereits wenige Zahlen beschreiben das Ausmaß dieses Fiaskos eindrucksvoll. Den 50 größten Gläubigern schuldet FTX rund 3,1 Milliarden Dollar. Zudem steht im Raum, dass FTX Kundengelder in
Höhe von zehn Milliarden Euro verwendet haben soll, um Löcher beim Hedgefonds Alameda Research – der ebenfalls Bankman-Fried gehört – zu stopfen. Das wirkt sich auch juristisch aus, in Miami läuft bereits eine Sammelklage gegen den 30-Jährigen.
In der Branche geht die Angst vor einem Dominoeffekt um. Und die Vertrauenskrise ist sowieso perfekt. Der Kurs des Krypto-Zugpferds Bitcoin bewegt sich aktuell zwischen 15.000 und 16.000 Dollar, Analysten zufolge sei es aber nicht ausgeschlossen, dass er unter 10.000 fällt. „Nach der FTX-Pleite bleiben die Ansteckungsrisiken innerhalb der Branche damit weiterhin akut“, sagt Analyst Timo Emden von Emden Research. Anleger fürchteten einerseits, dass weitere Branchenschwergewichte das Handtuch werfen könnten, andererseits Gegenwind durch verschärfte Regulierung. Bereits vergangene Woche tauchten Gerüchte auf, dass es schlecht um den Broker und Verleiher Genesis steht. Einem Bloomberg-Bericht zufolge kämpft die Firma darum, frisches Geld zu beschaffen. Auch das Wall Street Journal berichtete, dass sich Genesis an Marktführer Binance gewandt, sich Binance aber gegen eine Investition entschieden habe. Eigenen Angaben zufolge hat Genesis beschlossen, keine neue Kredite mehr zu vergeben und die Rückzahlung vorläufig einzustellen, um die Liquidität zu sichern. Konkursgerüchte streitet das Unternehmen allerdings ab.
Rettungsfonds geplant
Die Rolle des kryptischen Samariters will einmal mehr der Chef des Marktführers Binance, Changpeng Zhao, einnehmen. Als FTX in Zahlungsschwierigkeiten kam, wollte er die Börse zu Teilen auffangen. Aufgrund zu vieler Problemherde bei FTX ließ er es dann aber doch sein. Nun hat er angekündigt, einen speziellen Fonds zu starten, der in Not gekommenen Kryptofirmen aus der Patsche helfen soll. „Industry Recorvery Fonds“soll das Vehikel heißen.