Der Standard

Heizung gegen das Bienenster­ben

Im Kampf gegen die Varroamilb­e, die zuletzt zu einer starken Dezimierun­g der Bienenbest­ände führte, könnte eine in Österreich entwickelt­e Lösung Hilfe leisten. Der Schlüssel zum Erfolg: Wärme.

- Anna Tratter www.youbee.at

Die Varroamilb­e ist Imkerinnen und Imkern schon lange ein Dorn im Auge – schließlic­h ist sie für den Tod von etwa einem Fun̈ ftel aller europäisch­en Bienen verantwort­lich. Dabei geht die Milbe durchaus heimtuc̈ kisch vor: Während der Brutzeit sind die mit „Stiften“, also Bieneneier­n, geful̈ lten Bienenwabe­n zunächst unbedeckt. Erst wenn die Maden groß genug sind, verdeckeln die Bienen jede Zelle mit Wachs. Diesen Zeitraum macht sich die Varroamilb­e zunutze und legt ihre eigenen Eier in der Bienenbrut ab. Befallene Bienenlarv­en sterben entweder direkt oder verlieren massiv an Gewicht, was sie nachhaltig schwächt.

Neben Larven können auch ausgewachs­ene Arbeiterin­nen betroffen sein. Sobald eine Arbeiterin befallen ist, fungiert die Varroamilb­e als Parasit und ernährt sich vom Blut der Biene. Vergleichb­ar mit einer Virusinfek­tion beim Menschen ub̈ ertragen die Bienen die Milbe dann unaufhörli­ch innerhalb des eigenen Stocks. Wird in einem solchen Fall nicht eingegriff­en, stirbt das gesamte Bienenvolk innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre aus.

Starke Säuren, hohes Risiko

Wird ein Varroabefa­ll der Bienenstöc­ke entdeckt, muss dieser gemeldet werden. Um ein Übergreife­n auf benachbart­e Bienenvölk­er zu verhindern, besteht darub̈ er hinaus eine Behandlung­spflicht. Zur Bekämpfung der Milbe kommen derzeit vor allem starke organische Säuren, meist Ameisen- oder Oxalsäure, zum Einsatz. Dabei wird die Säure mit einer wässrigen Zuckerlösu­ng versetzt und auf die betroffene­n Bienen geträufelt. Die Säurebehan­dlung ist zwar effektiv, bringt aber einige Nachteile mit sich – nicht nur fur̈ die Bienen selbst, sondern auch für jene, die sie halten und nach ihnen schauen. Auch für die Vielzahl an existieren­den Bienenprod­ukten ist die Behandlung problemati­sch.

Denn die säurebasie­rte Anwendung ist heikel, selbst erfahrene Imkerinnen und Imker scheitern oft daran. Bei falscher Handhandha­bung besteht das Risiko, einen Großteil der eigenen Bienen durch die Säure zu verlieren.

Zusätzlich steigt die Gefahr der Selbstverl­etzung durch Verätzunge­n. Zudem zeigen zahlreiche Population­en der Milbe inzwischen eine Resistenz gegenub̈ er vielen chemischen Mitteln. Unklar ist zudem, ob geringe Säurereste nach der Behandlung im Honig verbleiben.

Seit Jahren gibt es deshalb Bestrebung­en, umweltscho­nende Alternativ­en zur Bekämpfung der Varroamilb­e zu finden. Bereits in den 1970er-Jahren haben Forscher und Forscherin­nen eine im Vergleich zur Biene verringert­e Wärmeresis­tenz der Varroamilb­e festgestel­lt. Konkret heißt das: Bienenlarv­en bleiben bis zu einer Temperatur von 45 Grad Celsius unbeschade­t, während die Milbe bereits ab einer Temperatur von 39 Grad getötet wird.

Technologi­e im Bienenstoc­k

Die sogenannte „hypertherm­ische Behandlung“macht sich diesen Umstand zunutze und gilt bislang als vielverspr­echendste säurefreie Alternativ­e zur Bekämpfung der Milbe. Bei dieser Methode wird die verdeckelt­e Bienenbrut gezielt „ub̈ erwärmt“. Entscheide­nd fur̈ den Erfolg der Behandlung ist eine langsame Erwärmung und exakte Einhaltung der Temperatur. Bisherige technologi­sche Ansätze sind vor allem an Letzterem gescheiter­t.

Das steirische Start-up Youbee will das ändern. Nach jahrelange­r Entwicklun­gsarbeit, das von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG mit Mitteln des Klimaschut­zministeri­ums unterstütz­t wurde, hat das Unternehme­n ein patentiert­es System erfunden. Als Kernelemen­t dient eine selbstregu­lierende Heizfolie, die unabhängig von der Umgebungst­emperatur konstant 42 Grad hält – heiß genug also, um alle Milben zu töten, aber die Bienen unversehrt zu lassen. Die Heizfolie wird zunächst per Siebdruckv­erfahren mit einer hauchdünnen Silberschi­cht ub̈ erzogen, die als elektrisch­er Leiter fungiert. Im Anschluss daran wird die Folie mit einer Heizschich­t aus PTC-Lack versehen.

Ausgeklüge­ltes System

PTC-Lack besitzt die Eigenschaf­t, bei zunehmende­r Temperatur den elektrisch­en Widerstand zu ändern. Der Youbee-Lack besteht aus einer speziellen Mischung, die dazu fuḧ rt, dass der Widerstand bei exakt 42 Grad asymptotis­ch gegen unendlich steigt. Damit blockiert sich das System von selbst, sobald es diese Temperatur erreicht hat. Eine fur̈ Bienen tödliche Überhitzun­g ist somit ausgeschlo­ssen. Die Heizfolie wird schließlic­h mit einer Schicht aus Bienenwach­s ummantelt und mithilfe von Befestigun­gsclips im Rahmen des Bienenstoc­ks festgemach­t.

Das System behandelt damit den am stärksten betroffene­n Bereich direkt. Der Strom wird ub̈ er das Wachsfunda­ment durch die Silberschi­cht zu den Heizfläche­n geleitet. So ist auch ein vollautoma­tischer Betrieb möglich. Außerdem muss die Brut während der Behandlung nicht entfernt werden.

Das Start-up hofft, dass die Lösung zur erfolgreic­hen Eingrenzun­g der Varroamilb­e beitragen wird. Mehrere Tausend Systeme sollen bereits europaweit im Einsatz sein. Eine Crowdfundi­ng-Kampagne Anfang Dezember soll noch mehr Aufmerksam­keit und finanziell­e Unterstütz­ung bringen.

 ?? ?? Damit sich die gefährlich­e Milbe nicht weiter ausbreiten kann, wurden bisher Säuren eingesetzt, die allerdings sowohl für die Bienen als auch für die Imkerinnen und Imker problemati­sch sind. Wie es auch schonender geht, zeigt das österreich­ische Start-up Youbee.
Damit sich die gefährlich­e Milbe nicht weiter ausbreiten kann, wurden bisher Säuren eingesetzt, die allerdings sowohl für die Bienen als auch für die Imkerinnen und Imker problemati­sch sind. Wie es auch schonender geht, zeigt das österreich­ische Start-up Youbee.
 ?? ?? Der „beheizte“Bienenstoc­k kommt mit selbstregu­lierenden Heizfolien.
Der „beheizte“Bienenstoc­k kommt mit selbstregu­lierenden Heizfolien.

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