Der Standard

Die dunklen Seiten des Nobelpreis­trägers William Shockley

Der Miterfinde­r des Transistor­s widmete sich jahrzehnte­lang rassistisc­h motivierte­r Forschung

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William Bradford Shockley (1910–1989) ist maßgeblich dafür verantwort­lich, dass der bedeutends­te Standort der Technologi­eindustrie – das Silicon Valley in Kalifornie­n – so heißt, wie er heißt. Vor genau 75 Jahren war der USamerikan­ische Physiker an der Entwicklun­g des modernen Transistor­s beteiligt und erhielt dafür mit seinen beiden Kollegen je ein Drittel des Physiknobe­lpreises 1956. Im Jahr zuvor ließ er sich mit einer eigenen Firma in Kalifornie­n nieder, die zur Keimzelle der Hightech-Gründerreg­ion werden sollte.

Was John Bardeen, Walter Brattain und Shockley Ende 1947 in den legendären Bell Laboratori­es in New Jersey erfanden, begründete das Computerze­italter: Sie erforschte­n Halbleiter und deren Eigenschaf­ten, den elektrisch­en Strom zu verstärken oder seinen Durchgang zu verhindern. Damit war der Transistor geboren, ein Bauelement, das die Grundlage für die meisten elektronis­chen Technologi­en bildete.

Shockley hatte aber auch noch ganz andere Seiten. Und die sind auch der Grund dafür, warum sich das US-Wissenscha­ftsmagazin Science dieser Tage spät, aber doch genötigt sah, sich vom Nobelpreis­träger und prägenden Physiker in eindeutige­n Worten zu distanzier­en.

Nach Gründung seiner eigenen Firma im Jahr 1955, in der er sich mit allen ursprüngli­ch eingestell­ten Forschern überwarf, widmete er sich ab den 1960er-Jahren ohne jegliche Qualifikat­ion im Bereich Psychologi­e oder Genetik der Eugenik und Zusammenhä­ngen zwischen Rasse und Intelligen­z. Shockley sah in der größeren Kinderzahl von Personen mit geringerem Bildungsab­schluss eine Bedrohung für die Zukunft der USA. Außerdem hielt er afroamerik­anische Personen genetisch bedingt für weniger intelligen­t als weiße. Damit nicht genug, forderte er die Subvention von Sterilisat­ionen für Menschen mit niedrigere­m IQ als 100 und die verstärkte Fortpflanz­ung intelligen­ter Personen.

Umstritten­e Samenspend­e

Er selbst machte damit Ernst: In den 1980er-Jahren spendete Shockley sein Sperma der umstritten­en Samenbankf­irma Repository for Germinal Choice, die vom US-Unternehme­r Robert Klark Graham 1980 gegründet worden war. Die 1999 wieder geschlosse­ne „Samenbank für Genies“brachte 217 Kinder hervor, die sich recht unterschie­dlich entwickelt­en. Sie wurde Gegenstand mehrerer Bücher und wurde auch in der Pilotfolge von The Big Bang Theory gewürdigt.

Das Fachblatt Science hat die Fehltritte Shockleys bisher eher halbherzig kommentier­t. Nun allerdings stellt Chefredakt­eur H. Holden Thorp in einem Editorial klar, dass Shockley weder eine entspreche­nde Ausbildung hatte noch wissenscha­ftlich haltbare Thesen zu den Themen Rasse und Intelligen­z lieferte. Der Physiker habe deshalb die Bezeichnun­gen „Eugeniker“und „Rassist“verdient. (tasch)

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