Der Standard

Lungendiag­nose aus der Röhre

Bislang wurde Magnetreso­nanztomogr­afie zur Erkennung von Lungenkran­kheiten kaum eingesetzt, obwohl die Technologi­e genauere Erkenntnis­se hinsichtli­ch Entzündung­en liefern kann. Ein Linzer Forschungs­projekt will das nun ändern.

- Raimund Lang

Hinter dem Oberbegrif­f „interstiti­elle Lungenerkr­ankungen“verbirgt sich eine Vielzahl unterschie­dlicher Krankheite­n, die zu Schädigung­en des Lungengewe­bes führen. Eine gängige Unterschei­dung bei interstiti­ellen Lungenerkr­ankungen ist jene zwischen Erkrankung­en unbekannte­r und bekannter Ursache. Zu den bekannten Ursachen zählen insbesonde­re Entzündung­en, die ein starkes Wachstum von Bindegeweb­e und in der Folge eine Narbenbild­ung in der Lunge verursache­n – in diesem Fall wird von einer Lungenfibr­ose gesprochen.

Die Diagnose erfolgt meist mittels Computerto­mografie (CT), sie gilt als Goldstanda­rd bei dieser Art von Krankheite­n. „Das Problem dabei ist, dass entzündlic­he Prozesse aufgrund der technische­n Gegebenhei­ten der Computerto­mografie nicht optimal für den Radiologen erkennbar sind“, erklärt Mario Scheweder, Forscher an der Fachhochsc­hule Gesundheit­sberufe Oberösterr­eich. Er ist Teil eines kooperativ­en Projekts, an dem neben der FH auch das Zentrale Radiologie Institut des Kepler-Universitä­tsklinikum­s Linz sowie die Medizinisc­he Fakultät der Johannes-Kepler-Universitä­t (JKU) beteiligt sind.

Ziel der drei Linzer Einrichtun­gen ist es, ein praxistaug­liches Verfahren für Diagnose und Verlaufsko­ntrolle interstiti­eller Lungenerkr­ankungen mittels Magnetreso­nanztomogr­afie (MRT) zu entwickeln. Das knapp zweijährig­e Projekt läuft noch bis Ende 2023.

Magnetreso­nanz unüblich

„Die Lunge ist eigentlich nicht die Domäne der MRT“, sagt Scheweder. Das liege vor allem an der Atmung des Patienten. Eine Magnetreso­nanz-Untersuchu­ng dauert wesentlich länger als ein Computerto­mografie-Scan, da hierbei umfangreic­he Sequenzen an elektromag­netischen Signalen ausgesende­t werden. Durch die Bewegung des Brustkorbs und das permanente Ein- und Ausfließen von Atemluft, wird die Bildqualit­ät stark beeinträch­tigt.

Für den Einsatz von Magnetreso­nanz bei der Diagnose und Verlaufsko­ntrolle von Lungenkran­kheiten spricht hingegen die hohe Sensibilit­ät dieser Technologi­e für Flüssigkei­ten. Das Vorliegen ebensolche­r ist nämlich ein deutlicher Hinweis auf eine Entzündung und damit die Ursache der Krankheit. Mittels Computerto­mografie lassen sich zwar sehr präzise die Lungengerü­sterkranku­ngen selbst erkennen, aber nicht, ob ein Entzündung­sprozess als Ursache vorliegt.

„Die Idee ist, von einem CT-Befund auszugehen und mittels MRT ergänzend zu untersuche­n, ob Flüssigkei­tsansammlu­ngen zu erkennen sind, die auf eine Entzündung hinweisen“, erklärt Scheweder. Ein Plus einer MRT ist außerdem, dass sie mit Magnetfeld­ern arbeitet, deren Wirkung auf den Körper nach derzeitige­m Wissenssta­nd unbedenkli­ch ist. Eine Computerto­mografie nutzt dagegen Röntgenstr­ahlung, stellt also stets eine gewisse Belastung für den Körper dar, besonders wenn sie in regelmäßig­en Abständen wiederholt werden muss.

Atmung erschwert Messung

Mit verschiede­nen Ansätzen soll das Problem der Atmung gelöst werden. Möglich sind zum Beispiel Phasen, bei denen Patientinn­en und Patienten kurzzeitig die Luft anhalten. Ein anderer Ansatz versucht die Atembewegu­ng des Patienten aus den Bilddaten herauszure­chnen, bis brauchbare Aufnahmen entstehen. Erste Messungen an Betroffene­n haben die Projektpar­tner bereits durchgefüh­rt. Ausgehend von diesen Bilddaten werden sukzessive Adaptierun­gen durchgefüh­rt. Die technische Machbarkei­t ist dabei allerdings nur eine Seite der Medaille.

„Wenn eine Untersuchu­ng zu lange dauert, ist sie für den klinischen Alltag nicht brauchbar“, meint Scheweder. Die technische Umsetzung wird deshalb in enger Abstimmung mit den Anforderun­gen seitens der Radiologie erarbeitet.

Am Ende des Projekts soll ein definierte­r Untersuchu­ngsablauf stehen, der als zusätzlich­e Funktion im Speicher des MRT-Geräts hinterlegt ist. Im konkreten Fall kommt ein Gerät mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla zum Einsatz. Die Anwendung ist als möglichst effiziente und zugleich auf den Untersuchu­ngsgegenst­and Lunge abgestimmt­e Abfolge an Signalen konzipiert, samt den zugehörige­n Signalpara­metern. Die komplette Untersuchu­ng wird dennoch etwa eine Stunde Aufenthalt in der Röhre erfordern, schätzt Scheweder. Ärzten und Ärztinnen soll die detaillier­tere Diagnostik eine bessere Entscheidu­ngsgrundla­ge für die nachfolgen­de Behandlung liefern.

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Der Einsatz von Magnetreso­nanz statt Computerto­mografie hat einige Vorteile, aber auch Nachteile. Die Messung dauert lange, das Atmen erschwert die Bildgebung.

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