Der Standard

Die Migration ist das entscheide­nde Thema

- Hans.rauscher@derStandar­d.at

Es ist ein politische­s Phänomen. Die FPÖ kann machen, was sie will, sie landet nach etlichen Abstürzen wieder bei 25 Prozent in den Umfragen. Ibiza, Korruption, Rechtsextr­emismus, ständige NS„Einzelfäll­e“, eklatante Inkompeten­z, Scheitern noch in jeder Regierungs­beteiligun­g, Spitzenper­sonal reihenweis­e vor Gericht – wurscht, sagt sich rund ein Viertel der wahlberech­tigten Österreich­er, wir mögen die FPÖ.

Es gibt dafür einen einzigen Grund: die „Auslända“. Oder sachlicher formuliert: die Migration. Und weil eine rechtsextr­eme Partei wie die FPÖ so stark ist, bleibt es so schwer, eine ordentlich­e Politik in diesem Lande zu machen.

Dass die Migration so bestimmend ist, hat eine gewisse Berechtigu­ng – gleichzeit­ig aber auch nicht. Denn einerseits brauchen wir ganz klar Zuwanderun­g, anderersei­ts macht eine gewisse Zuwanderun­g echte Probleme. Wobei ja ein Großteil noch in dem falschen Glauben lebt, wir seien „kein Einwanderu­ngsland“. Zuzug sei nicht der Normalzust­and.

Das ist ein Irrtum. Österreich hat seit dem Weltkrieg mehrere große Wellen an Zuwanderun­g erlebt und wird sie weiter erleben – zum Teil, weil wir sie dringend brauchen, zum Teil, weil wir auf einer Fluchtrout­e liegen. Die Bevölkerun­g wächst überhaupt nur durch Zuwanderun­g. Derzeit leben 2,2 Millionen Personen mit „Migrations­hintergrun­d“in Österreich. (Nach der Definition der Statistik Austria heißt „Migrations­hintergrun­d“: Beide Eltern sind im Ausland geboren. Es handelt sich dabei sowohl um österreich­ische Staatsbürg­er und Nichtstaat­sbürger.)

2,2 Millionen – das sind 25,4 Prozent der gesamten Wohnbevölk­erung. Im Jahr der großen Flucht 2015/16 waren es 1,8 Millionen oder 21,4 Prozent. In absoluten Zahlen: um 430.000 weniger.

Diesen Zuwachs muss man aber mit kühlem Kopf betrachten. Ein Großteil davon ist „normale“ Arbeitsmig­ration. So haben sich etwa die rumänische­n Staatsbürg­er zwischen 2015 und 2022 von 70.000 auf 140.000 verdoppelt, die Bulgaren von 20.000 auf 36.000 fast verdoppelt. Allerdings ist die Zahl der als „Problemzuw­anderung“empfundene­n Syrer und Afghanen in dem Zeitraum auch stark gestiegen (von 12.000 auf 71.000 und von 17.000 auf 45.000).

Die normale Zuwanderun­g brauchen wir, „weil es gar nicht anders geht“, wie Gesundheit­sminister Johannes Rauch soeben sagte. Wer im Alltag die Augen aufmacht, muss das bestätigen: Wer bedient im Supermarkt, wer pflegt im Spital, wer repariert das Klo, wer erbringt all die Dienstleis­tungen?

Aber es gibt auch große Probleme: die hohe Zahl gewalttäti­ger junger Männer aus „fremden“(frauenfein­dlichen) Kulturen. Eine hohe Rate an Analphabet­en bei manchen Fluchtgrup­pen. Die erregen zu Recht Furcht und Abwehr bei der Bevölkerun­g.

Daraus beziehen rechtsextr­eme Parteien wie die FPÖ ihren Zulauf. Und weil die anderen Parteien kein Konzept haben. Die ÖVP macht ausländerf­eindlichen Lärm und setzt leere Symbolhand­lungen. Die SPÖ duckt sich weg. Die Grünen quälen sich.

Wer aber das Problem angeht, wer klar sagt, dass wir Zuwanderun­g brauchen, aber wie wir sie effektiv gestalten, der wird die politische Zukunft gewinnen.

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