Der Standard

1. Kindergart­en Spielend lernen im Kleinen statt Kinderbetr­euung in der Masse

- Oona Kroisleitn­er

Er steht am Beginn der Bildungska­rriere – der Kindergart­en. Wobei: Genau genommen ist er die zweite Station. „Der Grundstein wird bereits sehr früh gelegt – in den ersten Jahren, daheim in der Familie oder in den Kinderkrip­pen“, sagt Bernhard Koch vom Fachbereic­h Elementarp­ädagogik der PH Tirol. Trotzdem hat die Elementarp­ädagogik nicht den gleichen Stellenwer­t wie etwa die Schule. Dass der Kindergart­en eine Bildungsei­nrichtung ist, wurde bereits 2009 im Bildungsra­hmenplan festgehalt­en. Dadurch hätten sich die Anforderun­gen verändert, sagt Natascha Taslimi von der PH Wien und Vorsitzend­e des Netzwerks elementare Bildung Österreich. Aber: „Die Politik hat das verschlafe­n.“

Wie also kann in Zukunft die Basis der Bildung für so viele Kinder wie möglich so gut wie möglich gelegt und ausgestalt­et werden? Ein wichtiger Punkt ist, da sind Expertinne­n und Fachleute einig, ist die Gruppengrö­ße. Die muss sich verkleiner­n. Von maximal 20 Kindern pro Gruppe spricht Koch. Taslimi setzt noch niedriger an: Kinder unter drei Jahren sollten in einer Gruppe mit höchstens acht, die älteren Kinder in Gruppen mit 15 bis 18 Kindern lernen. Auch brauche es ein „multiprofe­ssionelles Team“, sagt Taslimi. Neben den Pädagoginn­en müssen auch Sozialpäda­goginnen und Inklusive Elementarp­ädagoginne­n engagiert werden, die spezieller auf Kinder eingehen können. Denn „die Zahl der Kinder mit erhöhtem Unterstütz­ungsbedarf steigt“, sagt sie. Mehr Ressourcen spricht auch Koch an; gerade für Institutio­nen „mit großen Herausford­erungen“, die viele Kinder mit „Risikofakt­oren“besuchen – also aus sozioökono­misch schlechter­gestellten oder bildungsfe­rnen Familien. Zumindest eine Person mit Leitungsfu­nktion brauche eine akademisch­e Ausbildung, Fachperson­al in der Folge ebenso.

Und wie wird gelernt? Lernen sieht im Kindergart­en anders aus als bei den Größeren. Spielen ist dort nicht immer nur Vergnügen, sondern auch zentrales Lernelemen­t. „Wenn wir dadurch Bildungspr­ozesse initiieren, braucht die Elementarp­ädagogin didaktisch­es Wissen, entwicklun­gspsycholo­gisches Wissen und Fachkompet­enz“, sagt Taslimi.

Ein verpflicht­endes zweites Kindergart­enjahr sehen die Experten skeptisch. Gratis müsse das Angebot sein, sagt Koch. Mit einheitlic­hen Qualitätss­tandards, von Vorarlberg bis ins Burgenland, fordert Taslimi. Und: „Dass der Kindergart­en in die Zuständigk­eit des Ministeriu­ms wandert.“

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