3. Lehre Ins Zentrum statt an den Rand des Bildungssystems
Mit 14 Jahren stehen Jugendliche vor der Wahl: Schule oder Lehre? Immerhin knapp 40 Prozent entscheiden sich nach Abschluss der Schulpflicht auch für einen Lehrberuf. Unternehmen bekräftigen immer wieder, wie wichtig dieser Ausbildungsweg für die Zukunft der Betriebe sei. Dennoch leidet die duale Berufsausbildung an einem schlechten Image. „Im Idealfall wäre ein anderer Titel dafür wünschenswert. Jede Marketingabteilung würde eine Umbenennung vorschlagen. Das Wort ‚Lehre‘ ist zu negativ besetzt“, sagt Robert Frasch, Gründer der Plattform lehrlingspower.at. Dazu kommt: Einen Lehrling auszubilden sei nichts, was man nebenbei machen könne. Hier gebe es in den Ausbildungsbetrieben in Sachen Qualitätssicherung noch Luft nach oben.
Reformbedarf sieht Frasch auch auf bildungspolitischer Ebene. Die Wertigkeit der Berufsschule im Bildungsministerium sei niedrig. „Durch ein Staatssekretariat, das allen beteiligten Ministerien zugeordnet ist, oder einen Regierungskoordinator, der für dieses wichtige Thema zuständig ist, würde die Lehre aufgewertet und das Image verbessert werden“, glaubt der Experte. Damit würde auch der Berufsschule eine höhere Wertigkeit und eine Qualitätssteigerung in der Bildungslandschaft zukommen. Verbesserungen an den Schnittstellen im Bildungssystem sind für Frasch dringend notwendig. Nach acht Jahren Schule wechseln die wenigsten an eine Polytechnische Schule. „Sie probieren es an einer berufsbildenden Schule und schauen, wie weit sie kommen.“Der Ruf nach einer gemeinsamen Schule bis 15 ist auch bei Frasch laut zu hören.
Mit dem Bachelor/Master-Professional-Studium gibt es seit 2021 auch die Möglichkeit für ein Fachstudium ohne Matura. Die Umsetzung lässt zwar noch auf sich warten, für den Lehrlingsexperten ist das aber ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Möglichkeiten sollten weiterentwickelt und ausgebaut werden, ergänzt er. Damit ein Lehrabschluss nicht in eine Bildungssackgasse führe.
Ein schärferer Blick auf die Berufsbildungsforschung würde die Lehre insgesamt aufwerten, ist Peter Schlögl, wissenschaftlicher Leiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (ÖIBF), überzeugt. „Wir in Österreich haben die höchste Zahl an Schülern, die nach der Pflichtschule in irgendeiner Form eine Berufsbildung wählen. Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien machen nach der Pflichtschule nur rund 20 Prozent aus. Dennoch gibt es mehr Forschung zu allgemeiner Bildung als zur Berufsbildung.“Frasch wünscht sich noch mehr: Die bestehende Berufsbildungsforschung an den Unis sollte enger mit der Wirtschaft verbunden werden.