Der Standard

Liberal-demokratis­cher Journalism­us in Österreich

- Hans.rauscher@derStandar­d.at

AUnsere Transparen­zserie „So sind wir“, in der wir die Bedingunge­n und die Grundsätze unserer journalist­ischen Arbeit erläutern, hat viele Reaktionen bei Lesern und „Usern“(so der Fachausdru­ck für Konsumente­n des OnlineSTAN­DARD) ausgelöst. Vieles davon bezog sich auf die gesamte österreich­ische Mediensitu­ation, die oft kritisch gesehen wird. ls langjährig­er Journalist mit Erfahrung bei Tageszeitu­ngen und Nachrichte­nmagazinen will ich hier versuchen, das etwas einzuordne­n. Das Kriterium dabei soll und muss sein, wie stark in unserer Medienland­schaft die Kräfte sind, die sich für die liberale Demokratie einsetzen. Die sich nicht in rechtspopu­listisch-hetzerisch­en Orgien ergehen oder für autoritäre Tendenzen im In- und Ausland Verständni­s haben. Ohne liberaldem­okratische Qualitätsm­edien ist alles nichts.

Da hat sich einiges ziemlich verändert. Die Krone war lange Zeit nicht nur das bei weitem größte Medium (Reichweite: 44 Prozent), sondern auch ein ungenierte­s rechtspopu­listisches „Zentralorg­an der Gegenaufkl­ärung“. In dieser Krone konnte eine Kolumne des Starkolumn­isten „Staberl“erscheinen, in der behauptet wurde, die Juden seien ja gar nicht vergast worden, sondern nur in Lagern umgekommen („wie unsere Kriegsgefa­ngenen“). Das ist heute nicht mehr möglich, was anzuerkenn­en ist. Nebenbei:

Die Krone hat stark an Reichweite verloren.

Der zweite dominante Medienries­e ORF stand immer schon unter politische­m Einfluss. Aber es gab immer einen Redaktions­kern, der sich selbstbewu­sst antidemokr­atischen, illiberale­n Tendenzen widersetzt­e. Der Traum der FPÖ und auch der Kurz-ÖVP, den ORF (und die Medien überhaupt) im Sinne Viktor Orbáns umzumodeln, wurde zunächst abgewehrt. Das ist ein laufender Kampf mit ungewissem Ausgang.

Als tendenziel­l rechtes Krawallmed­ium ist Fellners Österreich dazugekomm­en, außerdem gibt es den Versuch, ein rechtsextr­emes Stänkermed­ium nach der Art des US-Vorbilds Breitbart zu etablieren. Dafür hat die offizielle Medienförd­erung hunderttau­sende Euro übrig. Dazu kommen

Grecht erfolgreic­he rechte „Alternativ­medien“wie AUF 1 oder Wochenblic­k.

Der demokratis­ch-liberale Tageszeitu­ngsjournal­ismus wird vertreten von den meisten Bundesländ­erzeitunge­n sowie von Presse und Kurier. Sie sind konservati­v (der Kurier war früher einmal liberal), aber frei von allen autoritäre­n Anwandlung­en. egen ebensolche autoritärp­opulistisc­hen Tendenzen wurde seinerzeit Der STANDARD von Oscar Bronner gegründet (unter dem Eindruck der Waldheim-Affäre). Er betrachtet sich als liberal-demokratis­ches Qualitätsm­edium – und hat auch durch den starken Online-Auftritt eine Sonderstel­lung bekommen. Mit inzwischen 3,2 bis 3,5 Millionen „Unique Users“pro Monat ist

Der STANDARD in den letzten

Jahren ein Powermediu­m geworden.

Die aktuelle Politik pfuscht in der Medienpoli­tik herum. Aus der Erkenntnis, dass die Wettbewerb­ssituation gegenüber internatio­nalen Tech-Konzernen gestärkt werden sollte, wird eine Medienförd­erung gebastelt, die auch Unwürdigen zugutekomm­t. Inseratenk­orruption (Inserate an gefällige Medien) ist bereits staatsanwa­ltschafts-notorisch. Zur Wiener Zeitung fällt der Politik nichts anderes ein, als zum Teil eine im Kanzleramt angesiedel­te (!) Journalist­enausbildu­ng zu machen. Besser als der letztlich kontraprod­uktive Kontrollwa­hn der Kurz-geführten Regierung. Aber nicht sehr hilfreich im Sinne eines starken liberal-demokratis­chen Journalism­us.

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