Der Standard

Grüne müssen lauter werden

- Petra Stuiber

Nur noch drei Jahre hat Österreich laut einer aktuellen Studie Zeit, um seine Klimaziele zu erreichen. Dann gehört Österreich offiziell zu jenen Staaten, die ihren Beitrag nicht leisten, um das globale Ziel, die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad aufzuheize­n, noch zu erreichen. Die Folgen werden dramatisch sein, schon jetzt können wir ihre Vorboten spüren: zu heiße Sommer, zu milde Winter, zu wenig Wasser in Flüssen und Seen. Wissenscha­ft und Klimaschüt­zer wissen das, die türkis-grüne Regierung ebenso. Allein: Es passiert zu wenig.

Seit fast 700 Tagen ist die Regierung beim Klimaschut­zgesetz säumig, das den österreich­ischen Weg zum 1,5-GradZiel festlegen soll. Die zuständige Klimaminis­terin Leonore Gewessler von den Grünen kommt hier nicht weiter, weil immer jemand aus dem ÖVP-Teil der Regierung blockiert, zuletzt der Finanzmini­ster. Dabei hat man sich im Koalitions­pakt auf das Erreichen der Klimaziele verbindlic­h verständig­t.

Gewessler betont im Gegenzug, wie wichtig das Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz (EAG) ist, das sie zuletzt durchgebox­t hat. Dieses könnte tatsächlic­h viel verändern. Allerdings nur dann, wenn der Bund durchgreif­t. Denn die EAG-Ziele widersprec­hen zum Teil den viel weniger ambitionie­rten Zielen der Bundesländ­er. Diese Diskrepanz müsste sofort behoben werden.

Die Länder wiederum sollten längst Druck auf Gemeinden ausüben, damit diese geeignete Flächen für Windräder und Solaranlag­en auch umwidmen. Dagegen sträubt sich aber der Gemeindebu­nd. Man gewinnt den Eindruck: Hier kämpft auch ÖVP gegen ÖVP. Auf der einen Seite stehen Vertreter der Wirtschaft, die darauf drängen, billigere alternativ­e Energieque­llen zu erschließe­n; auf der anderen Seite Vertreter der Bauern und der Gemeinden, die sich die Entscheidu­ngsgewalt über ihre Machtbasis „Grund und Boden“nicht entziehen lassen wollen. Daneben stehen die Grünen und schauen zu.

Das verwundert, weil sie mittlerwei­le Erfahrung mit schwierige­n Regierungs­partnern haben. Warum nützt man die Zerrissenh­eit der ÖVP nicht strategisc­h besser, um zum (Klima-)Ziel zu kommen? Warum schafft man keine Allianzen der Klimaschut­zwilligen, über Parteigren­zen hinweg? Vom Vizekanzle­r abwärts müssten alle Grünen-Politiker, gerade jene in Ländern und Gemeinden, entschiede­ner und lauter auftreten. Stattdesse­n wirkt Gewessler oft ziemlich alleingela­ssen.

Es gibt viel mehr zu verlieren als den momentanen Koalitions­partner. Das sollte gerade den Grünen klar sein.

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