Grüne müssen lauter werden
Nur noch drei Jahre hat Österreich laut einer aktuellen Studie Zeit, um seine Klimaziele zu erreichen. Dann gehört Österreich offiziell zu jenen Staaten, die ihren Beitrag nicht leisten, um das globale Ziel, die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad aufzuheizen, noch zu erreichen. Die Folgen werden dramatisch sein, schon jetzt können wir ihre Vorboten spüren: zu heiße Sommer, zu milde Winter, zu wenig Wasser in Flüssen und Seen. Wissenschaft und Klimaschützer wissen das, die türkis-grüne Regierung ebenso. Allein: Es passiert zu wenig.
Seit fast 700 Tagen ist die Regierung beim Klimaschutzgesetz säumig, das den österreichischen Weg zum 1,5-GradZiel festlegen soll. Die zuständige Klimaministerin Leonore Gewessler von den Grünen kommt hier nicht weiter, weil immer jemand aus dem ÖVP-Teil der Regierung blockiert, zuletzt der Finanzminister. Dabei hat man sich im Koalitionspakt auf das Erreichen der Klimaziele verbindlich verständigt.
Gewessler betont im Gegenzug, wie wichtig das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ist, das sie zuletzt durchgeboxt hat. Dieses könnte tatsächlich viel verändern. Allerdings nur dann, wenn der Bund durchgreift. Denn die EAG-Ziele widersprechen zum Teil den viel weniger ambitionierten Zielen der Bundesländer. Diese Diskrepanz müsste sofort behoben werden.
Die Länder wiederum sollten längst Druck auf Gemeinden ausüben, damit diese geeignete Flächen für Windräder und Solaranlagen auch umwidmen. Dagegen sträubt sich aber der Gemeindebund. Man gewinnt den Eindruck: Hier kämpft auch ÖVP gegen ÖVP. Auf der einen Seite stehen Vertreter der Wirtschaft, die darauf drängen, billigere alternative Energiequellen zu erschließen; auf der anderen Seite Vertreter der Bauern und der Gemeinden, die sich die Entscheidungsgewalt über ihre Machtbasis „Grund und Boden“nicht entziehen lassen wollen. Daneben stehen die Grünen und schauen zu.
Das verwundert, weil sie mittlerweile Erfahrung mit schwierigen Regierungspartnern haben. Warum nützt man die Zerrissenheit der ÖVP nicht strategisch besser, um zum (Klima-)Ziel zu kommen? Warum schafft man keine Allianzen der Klimaschutzwilligen, über Parteigrenzen hinweg? Vom Vizekanzler abwärts müssten alle Grünen-Politiker, gerade jene in Ländern und Gemeinden, entschiedener und lauter auftreten. Stattdessen wirkt Gewessler oft ziemlich alleingelassen.
Es gibt viel mehr zu verlieren als den momentanen Koalitionspartner. Das sollte gerade den Grünen klar sein.