Der Standard

Das Dilemma der SPÖ

Auseinande­rsetzungen innerhalb der Partei nähren Zweifel an deren Verlässlic­hkeit

- Michael Völker

HTans Peter Doskozil hält sich für den besseren Spitzenkan­didaten der SPÖ. Das erzählt er allen, die es wissen wollen, und gerne auch jenen, die das gar nicht hören wollen. Unlängst hat er diese Eigeneinsc­hätzung auch mit einer Umfrage absichern lassen: Die SPÖ stünde mit ihm wesentlich besser da als mit Pamela Rendi-Wagner, der aktuellen Parteichef­in und mutmaßlich­en Spitzenkan­didatin.

Es gibt tatsächlic­h ein paar Dinge, die der Landeshaup­tmann besser kann als Rendi-Wagner. Er kann sich verständli­ch machen, kommt rascher auf den Punkt. Er flüchtet sich nicht in Floskeln, sondern spricht Klartext. Er hat ein Gespür für Themen. Mehr als Rendi-Wagner. Er weiß gut, wie die SPÖ tickt, vermutlich besser als Rendi-Wagner.

Was die beiden verbindet: ein handfestes Kommunikat­ionsproble­m. Nicht inhaltlich­er, sondern sprachlich­er Natur. Während Doskozil aufgrund gesundheit­licher Probleme leise spricht, hat man bei Rendi-Wagner oft den Eindruck, sie wähnt sich auf der Bühne der Josefstadt. Im Bierzelt täten sich beide schwer. atsache ist allerdings, dass RendiWagne­r die Parteichef­in ist. Und die Partei hat sich – in einem von ihr inszeniert­en Event – auch relativ geschlosse­n dafür ausgesproc­hen, dass sie die Spitzenkan­didatin der SPÖ bei der nächsten Nationalra­tswahl wird. Doskozil war als einziger Landespart­eichef nicht bei dieser Veranstalt­ung, er hatte Besseres zu tun: Seine Lebensgefä­hrtin hatte Geburtstag. Da setzt er klar Prioritäte­n.

Das zeigt die Schwäche von Doskozil. Er ist nicht verlässlic­h. Und nicht loyal. Auch nicht der Partei gegenüber. Der öffentlich ausgetrage­ne Schlagabta­usch zwischen Wien und Eisenstadt schadet allen Beteiligte­n, Rendi-Wagner, Doskozil, vor allem aber der Partei.

Die pathologis­che Abneigung gegen Rendi-Wagner, die Doskozil kaum zu verbergen in der Lage ist, macht ihn unberechen­bar. Wenn er Gemeinheit­en gegen die Chefin in Wien lanciert, trifft er immer auch die Partei. Dass er das in Kauf nimmt, spricht nicht für ihn. Das gestehen auch jene ein, die sonst große Stücke auf ihn halten.

Die inhaltlich­en Bocksprüng­e von Rendi-Wagner, die in der Asylfrage erst gar kein und dann ein riesiges Problem ausmacht, mögen Doskozil freuen: Die SPÖ-Chefin gibt ihm im Nachhinein recht. Dass die SPÖ jetzt aber die Linie von Innenminis­ter Gerhard Karner, der sich redlich als Hardliner abmüht, nachzuhüpf­en versucht, vermittelt kein stringente­s Bild der Sozialdemo­kraten. Das spiegelt das Dilemma der Partei wider. Vom linken bis zum rechten Flügel finden sich dort alle Positionen. Dementspre­chend flexibel versucht die Vorsitzend­e zu sein.

Gegen einen parteiinte­rnen Wettbewerb der besten Köpfe und der guten Ideen wäre nichts einzuwende­n. Wenn er denn tatsächlic­h intern und nicht in aller Öffentlich­keit als verbales Schlammcat­chen ausgetrage­n würde. So setzt die SPÖ ihren Vorsprung, den sie derzeit in Umfragen hat, aufs Spiel.

Ein Ende ist nicht abzusehen: Weder hat Rendi-Wagner die Autorität, Doskozil zu disziplini­eren, noch hat Doskozil ausreichen­d viele Unterstütz­er, um Rendi-Wagner auszuhebel­n. Dass es unter den roten Granden niemanden gibt, der willens oder in der Lage ist, diesen Konflikt beizulegen, spricht – auch in Hinblick auf eine mögliche Kanzlersch­aft – nicht für die Verlässlic­hkeit der Partei.

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