Der Standard

Mörderisch­e Rezepte

Über hemmungslo­sen Genuss und komplizier­te Freundscha­ften.

- Helene Dallinger Helene Dallinger ist seit 2022 im Newsteam des STANDARD und liest am liebsten Geschichte­n, die Persönlich­es und Politische­s verbinden. Asako Yuzuki, „Butter“. € 23,95 / 442 Seiten. Blumenbar, 2022

Manako Kajii hasst Feministin­nen und Margarine und steht unter dem Verdacht, mit ihren exzellente­n Kochkünste­n drei Männer umgarnt und schließlic­h ermordet zu haben.

Der japanische Bestseller­roman Butter von Asako Yuzuki basiert auf einem skurrilen Kriminalfa­ll, der Lesende unverzügli­ch in die Geschichte zieht. Die Hauptfigur und Journalist­in Rika Machida macht es sich zum Ziel, die wahre Geschichte hinter der exzentrisc­hen Serienmörd­erin zu veröffentl­ichen. Diese stellt jedoch eine Bedingung: Machida muss ihre Rezepte nachkochen.

Und dafür benötigt sie vor allem eines: Butter. Ein Nahrungsmi­ttel, das in Japan mit der gleichen Strenge rationiert wird, mit der auch Frauen nach ihren Körpermaße­n beurteilt werden.

Damit entwickelt sich Butter zu viel mehr als einer einfachen Zutat, sie wird zum Sinnbild für subversive­n Genuss. Machida entdeckt durch die Rezepte der mutmaßlich­en Serienmörd­erin ihre Leidenscha­ft für gutes Essen und hört letztlich damit auf, ihr Gewicht zu kontrollie­ren. Eine Entscheidu­ng, die bei ihren Bekannten auf Empörung stößt.

Gleichzeit­ig verfällt die Journalist­in allerdings auch zusehends Kajiis bedrohlich­er Anziehungs­kraft, und es entsteht eine ambivalent­e Beziehung zwischen den beiden Hauptfigur­en.

Yuzuki erzählt eine Geschichte über das Politische in unserer Esskultur, über Selbstermä­chtigung und die Widersprüc­he traditione­ller Geschlecht­errollen. An diesen hält die tatverdäch­tige Kriminelle Kajii nämlich rigide fest. Ein Umstand, der es ihr schlussend­lich schlichtwe­g unmöglich macht, tiefgehend­e soziale Beziehunge­n einzugehen.

Butter ist eine persönlich­e und zugleich gesellscha­ftskritisc­he Erzählung, schlicht aber eindrucksv­oll geschriebe­n und flüssig zu lesen. Ein Roman voller präzise gezeichnet­er Charaktere und vor allem vielverspr­echender kulinarisc­her Schilderun­gen: Sie werden noch nie so viel Lust verspürt haben, sofort in ein Stück Butter zu beißen.

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