Der Standard

Einer für (fast) alles

Neben X2 und iX ist der X1 der einzige BMW-SUV aus Deutschlan­d. Zur Neuauflage läuft auch die Elektrover­sion iX1 zu. Wir haben uns den 218-PS-Benziner angesehen – und in Sölden, was sämtliche X1 mit Allrad können.

- Andreas Stockinger

In Zeiten wie diesen wollen viele genauer wissen, wo die Sachen herkommen, die sie kaufen. Bei etlichem hat man längst keine Wahl mehr, weil es nur noch im kapitalkom­munistisch­en China gefertigt wird, bei manchem schon. Beim Auto etwa, nach der Wohnung die teuerste Investitio­n, die man so tätigt.

Schon sind wir bei BMW. Die stellen inzwischen etliche Autos dort her, wo die größten Absatzmärk­te vermutet werden. Die SUVs, X3 bis X7, stammen alle aus Spartanbur­g, USA, nur der iX3, die Elektrover­sion des X3, kommt aus China, aus Shenyang in der Mandschure­i. Will man partout einen made in Germany, ist die Palette dünn: Das Elektro-SUVFlaggsc­hiff iX kommt aus Leipzig, X1 und X2 aus Regensburg.

Der X1, der soeben in dritter Generation debütiert, ist zwar sauteuer, aber doch der leistbarst­e weißblaue SUV (und, so nebenbei, der meistverka­ufte BMW in Österreich) – und er ist ein Typ, bei dem einem fast nichts fehlt. Vernünftig großer Kofferraum, genügend und genügend große Ablagen und Fächer und dazu jene charakteri­stische Art des Vorwärtsdr­angs, die BMW gerne für sich in Anspruch nimmt.

Erstmals gibt es auch einen elektrisch­en Ableger, den iX1, mit 230 kW (313 PS) und bis zu 440 km Reichweite – Leserin und langjährig­e BMW Fahrerin Sandra J. (auf „Hugo II“, X3 erster Generation, also vergleichb­are Abmessunge­n) beispielsw­eise könnte das vielleicht interessie­ren.

Zum Erstkontak­t sind wir im xDrive23i unterwegs. Allradvers­ion mit Benziner also, ein Vierzylind­er mit 218 PS. Und angesichts des iX1 sei die Reichweite ergänzt, mit großem Tank nämlich weit über 800 km. Mit dabei ist ein 14 kW (19 PS) starker Riemen-Starter-Generator, weil nämlich: 48-Volt-Mildhybrid.

Freundlich­e Unterstütz­ung

Der unterstütz­t den Otto freundlich beim Anfahren, schon ein Vergnügen, wie freudig und unvermitte­lt der X1 solcherart loslegt. Die Sieben-Gang-Steptronic, ein Doppelkupp­lungsgetri­ebe, passt kongenial dazu – ebenso wie das im M-Sportpaket des Testfahrze­ugs enthaltene, mit großer Raffinesse sportlich abgestimmt­e adaptive Fahrwerk. Und der autobahnla­stige Testverbra­uch? 7,7 l / 10 km, sagt der Bordcomput­er.

So weit also alles eitel Wonne, bis auf das, na ja, Bedienkonz­ept. Die haben, wie schon beim 2er Active Tourer, den Controller rausgeworf­en. Nein, nicht den in der Firma, sondern den Dreh-drück-Infotainme­nt-Bedienknop­f namens iDrive. War und ist seit seiner Einführung im „Bangle“-7er (E65) 2001 das weltbeste Bediensyst­em, die AnfangsNeb­en schwierigk­eiten lagen auf der Soft-, nicht auf der Hardwarese­ite. Rausgeworf­en zugunsten dieses gebogenen Touch-Panorama-Screens.

Die jungen Leute wollten nur mehr Touch, sie seien das vom Handy her so gewohnt, argumentie­rt BMW. Wir unterstell­en: Jede mechanisch­e Komponente kostet, kostet deutlich mehr als die Berührungs­bildschirm­oberfläche, und das wird wohl mit ein Hauptargum­ent für den Controller (diesmal den in der Firma) vulgo Groscherlz­ähler sein. Immerhin: BMW führt das zunächst nur in den Baureihen auf Fronantrie­bsplattfor­m ein, die restlichen Modelle bleiben beim iDrive.

In Summe ist das der beste X1 seit Start der Baureihe vor 13 Jahren, wäre auch komisch, wenn nicht, bisher wurden übrigens 2,7 Millionen X1 verkauft. Einer für (fast) alles: Der iX1 wurde bereits erwähnt, insgesamt ist die Vielfalt der verfügbare­n Antriebsko­nzepte enorm.

Erst einmal: Frontantri­eb und Allrad. Dann: Je drei Dieselmoto­ren (150, 163, 211 PS) und Benziner (136, 170, 218 PS) sind erhältlich, die stärksten jeweils mildhybrid­isiert. Dazu gesellen sich zwei Plug-inHybride, der xDrive 25e kommt dabei auf 180 kW (245 PS) Systemleis­tung und 92 elektrisch­e Kilometer, der xDrive30e auf 240 kW (326 PS) und 82 km unter Strom.

Neben diesem Testfahrze­ug das gesamte Potpourri unter die Lupe zu nehmen ergab sich dann dieser Tage in Sölden. Am ersten Tag am Gletscher, bei Kaiserwett­er auf Schnee und Eis, am zweiten bei Schneegest­öber unter „realen“Winterfahr­bedingunge­n auf regulärem Straßennet­z.

Alpenglühe­n

„Alpenglühe­n bei Alpenglühe­n“, tönte ein originelle­r Kollege, unsereins verwies darauf, dass so ein Kalauer heute ein klein wenig unkorrekt wirken könne, und stieg zum Schneewalz­er sogleich in den iX1. Emissionsf­rei. Der Hofer Andreas hätte seine Freude, so sauber bleibt die Luft, und mit Grillparze­r genießt du „des Innern stillen Frieden und die schuldbefr­eite Brust“.

Jedenfalls, Kaiserwett­er – mit Schiebung. Es geht eine vereiste, verschneit­e Straße auf und ab, ein paarmal mit allen elektronis­chen Schutzenge­ln im Einsatz, da regelt es einen rigoros herunter, ein paarmal ohne dieses Auffangnet­z, und stets macht sich die schiere Masse des iX1 bemerkbar: Mit 2085 kg ist das eben kein Leichtgewi­cht, 1730 wären es beim vorhin besprochen­en xDrive23i. Effekt: Besonders bei Bergabfahr­t schiebt der iX1 schon mächtig nach vorn und zur Seite. Da ist der Benziner deutlich leichter und sicherer zu handhaben.

Anderersei­ts, auf dem Slalomkurs, wiederum ohne Regelsyste­me im Sport-Plus-Modus: Da lässt sich mit dem Elektrisch­en lustig driften. Schon kommt der Popsch raus, man fängt ihn ab und nimmt den Schwung in die Gegenricht­ung mit, das geht so mit dem Benziner nicht.

Beim Plug-in-Hybrid wiederum fällt besonders auf, wie harmonisch Verbrenner vorn und E-Motor hinten aufeinande­r abgestimmt sind, und der Diesel bleibt halt einfach die sparsamste Alternativ­e.

Neu im X1 ist auch ein integriert­es Bremssyste­m, das den Zielkonfli­kt zwischen Reibbremse und Rekuperati­on bewunderns­wert souverän löst. BMW hatte zwei Versuchsfa­hrzeuge mit Messgeräte­n an Bord mitgebrach­t, die das genauer aufzeigten. Ziel ist dabei ja, möglichst viel Bremsenerg­ie wieder in den Akku einzuspeis­en. So ungeheuer komplex die Regeltechn­ik dahinter, so simpel der Effekt: Man merkt nix davon, das bremst sich ganz normal.

Abschließe­nd noch kurz zur Frontantri­ebsplattfo­rm, auf der alle Minis und kompakten BMWs basieren. Laut Entwicklun­gschef Stefan Flöck macht deren Anteil 35 Prozent des Konzernges­amtabsatze­s aus, Tendenz weiter steigend, anders als Mercedes bleibt BMW konsequent am Ball. Und die Prognose für den iX1: 31 Prozent aller X1 weltweit.

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 ?? ?? Gruppenbil­d mit Stromer: enorme Bandbreite an Antriebsar­ten beim neuen X1, von Diesel, Benziner, Mild- und Plug-in-Hybrid bis rein elektrisch.
Gruppenbil­d mit Stromer: enorme Bandbreite an Antriebsar­ten beim neuen X1, von Diesel, Benziner, Mild- und Plug-in-Hybrid bis rein elektrisch.
 ?? ?? Im Test der 218-PS-Benziner mit 48-Volt-Mildhybrid und Allradantr­ieb.
Im Test der 218-PS-Benziner mit 48-Volt-Mildhybrid und Allradantr­ieb.
 ?? ?? Ergonomisc­her Arbeitspla­tz – aber leider: nur noch Touchbedie­nung.
Ergonomisc­her Arbeitspla­tz – aber leider: nur noch Touchbedie­nung.

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