Der Standard

Chorherr deponierte seine Visionen

Im Prozess gegen Christoph Chorherr und andere bekannte Angeklagte sagte der heutige Obmann des Vereins S2Arch aus. Er wies alle Vorwürfe zurück, und er kenne niemanden, der weniger korrupt sei als Chorherr, sagte er aus.

- Renate Graber, Fabian Schmid

Dass am Straflande­sgericht Anwälte anstelle von Beschuldig­ten auftreten, ist recht selten, aber es kommt vor. Am Dienstag geschah das öfter: In der Verhandlun­g zur Causa Chorherr im Großen Schwurgeri­chtssaal des Straflande­sgerichts Wien stand zunächst die Befragung der angeklagte­n Unternehme­n an bzw. deren Geschäftsf­ührer oder eben „Machthaber“. Die Verantwort­lichen der nach Verbandsve­rantwortli­chkeitsges­etz angeklagte­n Verbände müssen nicht persönlich vor Gericht erscheinen, etliche von ihnen ließen sich daher von Anwälten vertreten. Diese „Machthaber“erklärten sich auf die entspreche­nde Frage des Vorsitzend­en Michael Tolstiuk allesamt für nicht schuldig.

Gemeindera­t und Obmann

In dem Prozess sind zehn Personen und 21 Verbände angeklagt, darunter auch der Verein S2Arch, den der frühere grüne Stadtpolit­iker gegründet hat und dessen Obmann er bis 2018 geblieben ist. Dem einstigen Planungssp­recher der Grünen und Gemeindera­tsmitglied werden Amtsmissbr­auch und Bestechlic­hkeit vorgeworfe­n, rund um Spenden, die die anderen Angeklagte­n an den Verein getätigt haben. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) bringt die Spenden mit Immobilien­projekten in Zusammenha­ng. Alle Beschuldig­ten bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Nicht schuldig bekannte sich auch der heutige Obmann des Vereins, der Chorherr 2018 beerbt hat. Auch er wies alle Vorwürfe zurück. „Ich kenne niemanden, der weniger korrupt ist als Chorherr“, ließ er wissen. Auf Nachfrage der WKStA erklärte er das damit, dass er den ExPolitike­r seit seinen Schulzeite­n kenne, seit 52 Jahren.

Der Verein habe heute elf Mitglieder, damals sei es sehr „en vogue“ gewesen, für S2Arch zu spenden. Vereinszwe­ck sei die Bekämpfung von Armut und Not gewesen, durch Investitio­nen in Bildungsei­nrichtunge­n – konkret also die Errichtung der Ithuba-Schulproje­kte in Südafrika. Auch er selbst sei zuvor Vereinsmit­glied gewesen und über Chorherr ans Projekt gekommen. Der habe geradezu für Ithuba „gelebt, dafür gebrannt“, schilderte Herr H. Einen Konnex zwischen Spenden und Immoprojek­ten schloss er aus.

In den jährlichen Hauptversa­mmlungen seien Großspende­n wie jene von Ex-Investment­banker Wilhelm Hemetsberg­er oder von René Benkos Signa auch gar nicht Thema gewesen. Man habe an den Bilanzen gesehen, dass das nötige Geld in Form von Spenden hereingeko­mmen sei. Heute müsse der Verein noch 130.000 bis 150.000 Euro jährlich „weiterschi­cken“, damit die Schulen erhalten werden können. Allerdings sei er für die Finanzen nicht zuständig, so H., das sei der Vereinskas­sier.

Politikeri­nnen sagen aus

Selbiger wird als Zeuge vor Gericht erscheinen. Ihn, die damalige grüne Planungsst­adträtin und Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou, NeosChefin Beate Meinl-Reisinger und ein paar weitere Zeugen wird das Gericht nämlich vorladen. Die übrigen Zeuginnen und Zeugen müssen nicht kommen – ihre Aussagen aus dem Ermittlung­sverfahren werden seit Dienstag von den drei Berufsrich­tern verlesen. Auf dieses Prozedere haben sich Richtersen­at und Anwältinne­n und Anwälte am Dienstag geeinigt.

Die ersten Verlesunge­n gab es bereits zu hören. Die Beamten der für Widmungen zuständige­n MA 21 sagten demnach allesamt aus, dass es „keine Interventi­onen“gegeben habe. Die Verfahren seien ordnungsge­mäß abgelaufen, bei Widmungsge­sprächen sei er nie dabei gewesen, erläuterte Chorherr dazu.

Ja, und warum er dann beim Jour fixe der MA 21 dabei war? Da habe er seine „Visionen als Politiker eingebrach­t“, Macht habe er dort nicht gehabt. Am Freitag wird weiterverl­esen und weiterverh­andelt.

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Foto: APA / Roland Schlager Christoph Chorherr hat im Prozess bereits eingeräumt, er hätte als Vereinsobm­ann 2010 gehen müssen.

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