Gar nicht chic: Problematische Mode- und Lederindustrie
Untersuchung zeigt mangelnde Transparenz in Lieferketten, Hoffnungen ruhen auf der EU
Wien – Der Black Friday ist mit Angeboten und Schnäppchen vorübergegangen, nun steht das Weihnachtsgeschäft vor der Tür. Wer zu Mode greift und wissen will, unter welchen Bedingungen Schuhe, Taschen oder Kleidung gefertigt wurden, hat oft das Nachsehen. Zu diesem Schluss kam eine Studie der Initiative Together for Decent Leather und der NGO Südwind, die hundert internationale Modeunternehmen auf ihre Transparenz hin untersuchte. „Wenn es um die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten geht, ist Transparenz in den Lieferketten das oberste Gebot“, sagt Gertrude Klaffenböck, Südwind-Expertin für globale Lieferketten. In der Praxis fehlt diese Transparenz jedoch oft.
Wie die Untersuchung vorrangig bekannter Marken aus Schuh-, Lederund Luxussegmenten sowie von Onlinehändlern zeigte, besteht hier großer Aufholbedarf. Lediglich 29 der 100 untersuchten Unternehmen veröffentlichten eine Lieferantenliste, diese war teils unvollständig. Besonders schlecht schnitt in der Recherche das Luxussegment ab: Nur 20 Prozent der Luxusmarken, darunter Armani, Versace, Michael Kors und Coach, legten ihre Lieferanten offen.
Kein Einblick in Löhne
Informationen über Verarbeitungsbetriebe und Rohstofflieferanten konnten insgesamt bei nur 17 Unternehmen gefunden werden. Kein einziges Unternehmen legt Informationen zu gezahlten Löhnen in Zulieferbetrieben offen. Das Europäische Parlament hat die Lederindustrie
als Hochrisikosektor eingestuft, die OECD sogar spezielle Sorgfaltspflichtrichtlinien für diesen Sektor entwickelt. Denn die Beschäftigten sind häufig mit schlechten Arbeitsbedingungen konfrontiert, vom Fehlen entsprechender Schutzkleidung bis hin zu erzwungenen Überstunden.
Transparente Lieferketten könnten Abhilfe schaffen und Konsumentinnen und Konsumenten in ihrer Kaufentscheidung helfen. Doch: „Besonders die Schuh- und Lederwarenbranche scheint nach wie vor ein Problem damit zu haben, die Öffentlichkeit über Umstände und Orte der Produktion zu informieren“, bemängelt Klaffenböck. Der neue Transparenz-Check zeige, dass freiwillige Initiativen wie Multi-Stakeholder-Ansätze oder Zertifizierungssysteme keine Garantien für transparente Lieferketten sind.
Hoffnungen ruhen nun auf den EU-Ministerinnen und -Ministern, die im Rat für Wettbewerbsfähigkeit über eine gemeinsame Position zum EU-Lieferkettengesetz und dessen Formulierung entscheiden.