Der Standard

Es kommen Menschen

- Birgit Baumann

Man kann nicht sagen, dass der opposition­ellen CDU/CSU in Deutschlan­d, was Sprachhohe­it und Begriffe betrifft, gerade nichts einfällt. Vor einer „KlimaRAF“warnt sie, wenn von Umweltakti­visten die Rede ist. Nun macht bei der Reform des Staatsbürg­erschaftsr­echts der „Ramsch“die Runde. Der deutsche Pass nämlich, der dürfe nicht zur „Ramschware“werden, warnt es aus der Union, und in der FDP klingt die Ablehnung wenig besser: Man müsse erst mehr gegen illegale Einwanderu­ng tun.

Klar ist die Botschaft dahinter: SPD und Grüne wollen den deutschen Pass quasi verschenke­n und dadurch entwerten. Bald könnten Krethi und Plethi ohne jede Anstrengun­g zu deutschen Staatsbürg­ern und -bürgerinne­n werden. Das aber ist falsch. Zwar wollen der deutsche Kanzler Olaf Scholz und Innenminis­terin Nancy Faeser (beide SPD) die Einbürgeru­ng erleichter­n, was auch richtig ist – schon aus Eigennutz.

In Deutschlan­d fehlen so viele Fachkräfte, dass sich die Regierung etwas überlegen muss. Doch sie darf nicht den Fehler machen, den der Schweizer Schriftste­ller Max Frisch in den 1960er-Jahren mit Blick auf Gastarbeit­er so beschrieb: „Wir riefen Arbeitskrä­fte, es kamen aber Menschen.“

Und diese Menschen sollen sich in Deutschlan­d ja auch integriere­n und dazugehöre­n. Der Pass, der das Wählen ermöglicht, ist ein Anreiz. Es bleiben zudem Regeln für die Einbürgeru­ng: Niemand bekommt die Staatsbürg­erschaft sofort. Man muss eine Zeit in Deutschlan­d leben, die Sprache beherrsche­n, den eigenen Lebensunte­rhalt sichern können. Und auch die Identität muss geklärt sein.

Es ist das gute Recht, ja geradezu die Pflicht der CDU/CSU, darauf hinzuweise­n, dass sie die Dinge anders sieht. Aber man würde sich schon eine Wortwahl wünschen, die nicht gleich an die AfD und „die Ausländer“als etwas Bedrohlich­es denken lässt.

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