Wien als Vorbild unerwünscht
Kurz-Beraterin Mei-Pochtler über Covid-Teststrategie
Das rote Wien gegen das türkise Land: Dieses Muster war auch in der Corona-Pandemie zu beobachten. Die Großstädter fühlten sich etwa durch das Sperren der Bundesgärten durch die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) getriezt; der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) verließ kurzfristig sogar den Krisenstab des Bundes.
Aber ging die politische Animosität so weit, dass sinnvolle politische Maßnahmen dadurch blockiert wurden? Das legt ein Podiumsauftritt der Kurz-Beraterin Antonella Mei-Pochtler nahe. Die Consulterin leitete einst Think Austria, den Thinktank des türkisen Kanzleramts, sowie mit Ex-Verteidigungsminister Thomas Starlinger das Covid-19 Future Operations Board.
Alternativen suchen
Bei ihrem Auftritt am Peter-Drucker-Forum vor rund zwei Wochen erzählte Mei-Pochtler sinngemäß, dass man rasch gesehen habe, wie gut das PCR-Test-Regime in Wien funktioniere. Das habe man hochskalieren wollen, aber: „Politics trumps policy.“Grob übersetzt: Parteipolitische Überlegungen schlagen sachpolitische Inhalte. Wenn Wien das mache, dann sei das die andere politische Seite, und dann müsse man eine Alternative entwickeln, sei Mei-Pochtler gesagt worden.
Auf Anfrage erklärt Mei-Pochtler, „Alles gurgelt“sei aus dem vom Future Operations Board ausgearbeiteten flächendeckenden Testkonzept auf Gurgelbasis als „evidenzbasierte Policy“entwickelt worden. Richtig aufgegriffen worden sei es dann von Hacker und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Man habe von Anfang an zahlreiche Vorschläge präsentiert, wie die Initiative breiter ausgerollt werden könnte, unter Berücksichtigung der BundesländerSpezifika. Dennoch hätten diese jeweils eigene Wege gehen wollen. „Hier kommt das Thema Politics ins Spiel“, sagt Mei-Pochtler: Differenzierung sei wichtiger als Standardisierung. Das liege zwar auch an den Unterschieden in der Infrastruktur zwischen Stadt und Land, aber eben nicht nur.
In Wien entwickelt
Die PCR-Test-Methode mit einer Gurgellösung auf Kochsalzbasis wurde bereits Mitte 2020 in Wien entwickelt. Zu Beginn der Pandemie gab es nur teure PCR-Tests mit Nasen-Rachen-Abstrich. Die Staberln dafür wurden aber knapp. Und: Man benötigte geschultes Personal für die Abnahme. Mit den Gurgeltests fiel beides weg. Ende Jänner 2021 wurde das Pilotprojekt von „Alles gurgelt“von Stadt Wien und Wirtschaftskammer Wien gestartet. Ab März 2021 war es für alle Wienerinnen und Wiener zugänglich.
Hinter den Gurgeltests steht das Labor Lifebrain. Der massive Ausbau führte dazu, dass in Wien mehr als die Hälfte aller PCR-Tests in Österreich durchgeführt wurden. Inklusive Antigentests wurden in Wien knapp 36 Prozent aller Tests ausgewertet. Bei den bisherigen Kosten für alle Corona-Tests (rund vier Milliarden Euro) entfallen 19,1 Prozent auf Wien. Das heißt: In anderen Bundesländern wurde deutlich weniger getestet. Die Kosten pro Test waren aber teils signifikant höher.
Im Büro von Hacker zeigt man sich „überrascht von der Offenheit“Mei-Pochtlers: „Es bestätigt unsere Vermutung, die wir – angesichts der Qualität der damaligen Debatte – über die möglichen Motive hierfür hatten.“