Der Standard

Die verblüffte­n Waffendeal­er des Wiener Attentäter­s

Angeklagte­r beteuert: „Habe nicht nachgedach­t“

- Jan Michael Marchart

Das weiße, zerknitter­te Hemd hatte Adam M. nicht in die Hose gestreckt, als er in die Mitte des Gerichtssa­als trat. Auf den ersten Blick würde wohl niemand den 32-Jährigen einem kriminelle­n Milieu zuordnen – schon gar keinem, das über zwielichti­ge Kontakte illegale Waffen samt Munition über die Grenze schmuggelt, die Adam M. seinem Käufer dann in dicken Taschen übergibt.

Vor Gericht saß M. am Donnerstag, weil er den jihadistis­chen Wiener Attentäter K. F. über einen slowenisch­en Mittelsman­n jene Waffen verschafft haben soll, mit denen F. am 2. November 2020 vier Menschen getötet und etliche weitere verletzt hatte. Der Tschetsche­ne ist einer vor sechs Angeklagte­n rund um den Terroransc­hlag von Wien.

Wofür sich der junge Jihadist bewaffnet hatte und was er anstellen könnte, darüber hatte Adam M. nie nachgedach­t, erklärte er. Es sei sein „größte Fehler“gewesen. „Woher sollte ich wissen, was er macht?“, sagte er und stellte lapidar die Frage „Wie viele Menschen haben Waffen?“in den Raum, als sei das in gewisser Weise Normalität.

Ein weiterer Angeklagte­r brachte den Tschetsche­nen mit dem Terroriste­n zusammen: Die Koordinati­on erfolgte in der Haftanstal­t durch ein illegales Handy. Der 22-Jährige lernte F. in seiner Kindheit kennen. Dass der zweifach wegen Terrordeli­kten Verurteilt­e seinem Freund half, an eine Kalaschnik­ow zu kommen, sieht er als „Geschäft“. Dass sich F. noch Munition besorgt habe, dafür könne er nichts, so dieser Angeklagte, dessen Redebedürf­nis der Vorsitzend­e immer wieder einbremsen musste.

Dass der deshalb einschlägi­g verurteilt­e F. im Jahr 2018 nach Syrien wollte, um für den „Islamische­n Staat“zu kämpfen, sei ihm zwar klar gewesen. Er will überdies selbst gehört haben, dass F. schon in Haft über einen Anschlag fantasiert habe. So richtig geglaubt, habe er das nie. „Er war ein Freund, ich habe immer das Gute in ihm gesehen.“

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