ORF steht vor der Frage, was er Menschen wert ist
Die GIS-Gebühren sollen dem ORF in ihrem letzten Jahr in gewohnter Form 676,2 Millionen Euro bringen. In eine neue Finanzierung auch für Streamingnutzung will der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit 740 Millionen starten. Darunter drohe Verlust – oder weniger Angebot.
Österreichs größter Medienkonzern hat ein Budget für 2023, und es ist noch einmal ausgeglichen. Wie es danach weitergeht und wie tief in die Verlustzone, ist eine Frage des politischen Willens – und der Sparideen der ORF-Führung.
Bis Februar 2023 soll ORF-Chef Roland Weißmann seinen Stiftungsräten in einer Sondersitzung erklären, wie er 70 bis 130 Millionen Euro Jahresverlust ab 2024 verhindern will. „Ich gehe davon aus, dass der Generaldirektor seine Vorstellungen über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags bis Februar präsentiert“, sagt etwa Thomas Zach, Vorsitzender des Finanzausschusses im Stiftungsrat, am Donnerstag. Und: „Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben und nicht das, was wir gerne hätten.“
Der ORF hätte gerne 740 Millionen Euro im Jahr öffentliche Finanzierung. Derzeit bekommt er aus GIS-Gebühren rund 660 Millionen Euro – Streamingnutzung bisher ausgenommen. Für 2023 kalkuliert der ORF mit GISEinnahmen von 676,2 Millionen Euro.
Bis 2024 verlangt der Verfassungsgerichtshof eine neue Regelung der öffentlichen ORFEinnahmen, die auch Streamingnutzung umfasst. In diese neue Finanzierung hofft der ORF mit 740 Millionen zu starten. In der Kanzlerpartei ÖVP kursierten zuletzt eher Überlegungen für Kürzungen, um dem Publikum eine neue, breitere GIS-Lösung zu vermitteln.
Die GIS-Zukunft
Drei Varianten stehen laut Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zur Diskussion:
■ erweiterte GIS, künftig auch für streamingfähige Geräte wie Tablets, die weiterhin von GIS-Hausbesuchen begleitet wäre, mit Fragen nach Tablets und Bildschirmgrößen.
■ eine Haushaltsabgabe, unabhängig von Empfangs- und Nutzungsgeräten, wie in Deutschland und Schweiz, wie die GIS mit Befreiungen für Einkommensschwache.
■ Finanzierung aus dem Bundesbudget Um die ORF-Finanzen vom budgetären Goodwill der jeweiligen Regierung unabhängiger zu machen, verlangte die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger eine automatische Inflationsanpassung und eine Wertsicherung mit Zweidrittelmehrheit im Nationalrat.
„Man muss sich die Frage stellen: Was ist einem der öffentlich-rechtliche Rundfunk wert?“, sagt ORF-General Weißmann in Richtung Gesetzgeber. Und: „Wir kämpfen für eine ausreichende Finanzierung.“
Sollte die künftige Finanzierung nicht für das aktuelle Angebot ausreichen, werde der ORF seinen „Plan B“für Einschnitte vorlegen.
Stiftungsrat Heinz Lederer (SPÖ) erinnert, dass das oberste ORF-Gremium schon auf Antrag von Weißmanns Vorgänger Alexander Wrabetz dem Abbau von 250 Jobs bis 2025 zugestimmt hat. 600 Mitarbeiter gingen zudem bis 2026 in Pension. Über die vereinbarte Nachbesetzung der Hälfte dieser Jobs ließe sich reden, sagte Lederer.
„Zuletzt Programme streichen“
Weißmann will noch nicht auf Kürzungen eingehen. Er sagt: „Programme streichen ist das Letzte, was wir wollen.“Der ORF habe in den vergangenen 15 Jahren laufend „optimiert“, weitere Effizienzsteigerungen könnten deshalb nicht „mit einem Schlag“wesentliche Einsparungen bringen. Der ORF wolle weiter „Partner der Filmwirtschaft, der Kunst und Kultur, des Sports sein, aber wir müssen uns nach der Decke strecken“.
Auch er betont: „Als Geschäftsführer kann ich nur das Geld ausgeben, das am Ende des Tages da ist.“Im März lege die Finanzdirektion die ersten Budgetvorgaben für das nächste Jahr vor. Klar sei: „Es ist viel einzusparen.“
Beschlossen hat der Stiftungsrat das Budget 2023, wie 2022 ausgeglichen mit 300.000 Euro Ergebnis. Der ORF (ohne Tochterunternehmen) soll 1,03 Milliarden Euro einnehmen (nach 998 heuer), davon 676,2 aus GIS-Gebühren. Werbung soll 217,8 Millionen Euro bringen (2022 sind 210,5 Millionen Euro geplant.
Bestellt hat der Stiftungsrat Katharina Wagenhofer und Stefan Pollach zu neuen Geschäftsführern von ORF.at.
Round Table zu Licht ins Dunkel
Im Jänner lädt der ORF zu einem Round Table zu Licht ins Dunkel. Das sei schon vor der jüngsten Kritik von Betroffenen an der ORFSpendenaktion geplant gewesen, erklärte General Weißmann.