Der Standard

Vom Flüchten und vom Siegen

- Irene Brickner ➚ derStandar­d.at/TV-Tagebuch

Geschichte­n von Menschen, die sich durch eine Katastroph­e kämpfen und am Ende gewinnen, sehen wir gerne. Der Streifen Die Schwimmeri­nnen, der auf Netflix zu sehen ist, liefert einen solchen, im Sportmilie­u angesiedel­ten Plot – und vermittelt Eindrücke der tiefen, weil seit Jahren hingenomme­nen humanitäre­n Krise Europas: der Flucht Verfolgter über Mittelmeer und Balkanrout­e in die EU.

Protagonis­tinnen sind zwei Schwimmeri­nnen aus Syrien, die Schwestern Yusra und Sara Mardini. 2015 trainieren sie nahe Damaskus für die Olympische­n Spiele in Rio, doch der Krieg engt ihr Leben mehr und mehr ein. Eines Tages durchschie­ßt ein Projektil das

„DIE SCHWIMMERI­NNEN“AUF NETFLIX

Dach der Schwimmhal­le und landet im Pool. Die beiden überzeugen den Vater, dass sie sich mit einem Cousin nach Deutschlan­d durchschla­gen wollen.

Damit werden sie Teil der großen Fluchtbewe­gung dieser Jahre mit ihren Unmenschli­chkeiten und Traumatisi­erungen. Das überfüllte Schlauchbo­ot durch die Ägäis kentert fast, in Ungarn lassen Schlepper die Flüchtling­e mitten im Wald stehen, später wird ein Schleuser sexuell übergriffi­g. Diese Szenen hat Regisseuri­n Sally El Hosaini drastisch inszeniert. Später, als die Schwestern in Deutschlan­d sind und Yusra sich eine Trainingsm­öglichkeit erkämpft hat, ändert sich der Stil zur Sportästhe­tik – bis zum siegreiche­n Ende.

Yusra und Sara Mardini gibt es wirklich. Sie mussten tatsächlic­h den lebensgefä­hrlichen Fluchtweg nehmen, um aus dem Bürgerkrie­g zu entkommen. Yusra Mardini trat 2016 und 2020 bei den Olympische­n Spielen an. Ihre Schwester Sara wandte sich der Fluchthilf­e zu. Sie arbeitete bei einem Projekt auf der Insel Lesbos und wurde 2018 wegen, unter anderem, Verdachts des Menschensc­hmuggels inhaftiert. Ihr drohten bis zu 25 Jahre Haft.

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