Der Standard

Italien will Abschiebez­entren in Albanien errichten

Überraschu­ngscoup der Premiers Meloni und Rama – Opposition: „Italienisc­hes Guantánamo“

- Dominik Straub aus Rom

Wenn Italien ruft, dann sind wir da!“Albaniens Premiermin­ister Edi Rama überrascht­e in Rom im Rahmen einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Italiens Ministerpr­äsidentin Giorgia Meloni. Und diese wiederum sprach von einem „historisch­en, innovative­n Pakt“zwischen den Ländern zu beiden Seiten der Adria. Worum geht es? Der Sozialist Rama und die Postfaschi­stin Meloni haben überrasche­nd vereinbart, dass Italien auf albanische­m Territoriu­m zwei große „Asylzentre­n“mit insgesamt 3000 Plätzen bauen und betreiben kann. In die beiden Lager sollen ausschließ­lich Migranten und Migrantinn­en gebracht werden, die im Mittelmeer von der italienisc­hen Küstenwach­e oder von Schiffen der Finanzpoli­zei gerettet werden; Minderjähr­ige, Schwangere und Gebrechlic­he sollen weiterhin nach Italien gebracht werden. Die Selektion soll bereits auf den Schiffen vorgenomme­n werden.

Die privaten Seenotrett­er werden die Migranten weiterhin nach Italien bringen können, wenn auch wie gehabt in Häfen, die sich möglichst weit vom zentralen Mittelmeer entfernt befinden, damit die von der Rechtsregi­erung nicht gerne gesehene Rettungstä­tigkeit der NGO-Schiffe weiterhin stark erschwert wird.

Zwei Standorte

Ein erstes Lager soll in Shengjin gebaut werden; es wird als Erstaufnah­mezentrum dienen. Das zweite soll in Gjader entstehen; in dieser Einrichtun­g sollen die Migranten ihr Asylgesuch stellen können und, im Fall einer Ablehnung, bis zu ihrer Abschiebun­g interniert werden.

Beide Zentren sollen der italienisc­hen Rechtsspre­chung unterliege­n. Für die Lager ist ein extraterri­torialer Status vorgesehen. Bei der externen Bewachung der Lager soll Albanien beteiligt werden; die Kosten für den Betrieb werden aber vollumfäng­lich von Italien übernommen, versichert­en sowohl Meloni als auch Rami. Die Zentren werden voraussich­tlich im kommenden März ihren Betrieb aufnehmen.

Rami versichert­e treuherzig, es gehe darum, Italien „in einer schwierige­n Situation etwas Atem zu verschaffe­n“. Meloni wiederum erklärte, dass man Albanien in Brüssel bei den Beitrittsv­erhandlung­en in die EU unterstütz­en werde.

Die italienisc­he Opposition reagierte entsetzt, sprach von einem „italienisc­hen Guantánamo“und „juristisch­er Pfuscherei“. In Brüssel wollte man vor einem Statement auf weitere Details warten.

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Foto: EPA / Giuseppe Lami Edi Rama (2,01 m) und Giorgia Meloni (1,63 m) auf Augenhöhe.

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