Büroschluss
Der Büroraumvermieter We Work hat die Kurve nicht gekratzt und ist pleite. Firmengründer und Ex-Chef Adam Neumann hat dem Unternehmen schwer geschadet, die Pandemie und ein Einbruch am Büromarkt gaben ihm den Rest.
Produziert ein großer Anbieter wie Apple TV+ eine eigene Serie über den Niedergang eines Unternehmens, muss es wild gewesen sein. Im Fall des US-Bürovermieters We Work war es das. We Crashed heißt die Serie. Einst das wertvollste Start-up der USA, hat das Unternehmen in der Nacht auf Dienstag den erwarteten Insolvenzantrag gestellt.
Bereits vergangene Woche stürzte die WeWork-Aktie ab, nachdem das Wall Street Journal von Insolvenzplänen berichtet hatte. Nun ist es offiziell. We Work wolle sich neu aufstellen, heißt es. Dafür werde man Büroflächen verkleinern. Jene Investoren, die hinter 92 Prozent der Schulden stehen, hätten der Restrukturierung zugestimmt.
Seit der Gründung 2010 hat We Work mehr als 16 Milliarden Dollar Verlust geschrieben, die letzten Barmittel wurden wegen des aktuell schwierigen Umfelds von US-Büroimmobilien versenkt. In der Corona-Pandemie leerten sich Büros weltweit, aber auch danach tat sich We Work schwer damit, Büroflächen zu füllen. Zugleich mussten Mietkosten für Gebäude bezahlt und Schulden bedient werden.
2011 eröffnete der erste Standort in Manhattan, danach ging es schnell. We Work konzentrierte sich darauf, Büroflächen zu mieten, anstatt sie zu kaufen und diese mit kürzerer Laufzeit weiterzuvermieten. Das Unternehmen wurde zum Aushängeschild des Coworking-Trends, der vor allem bei Millennials immer beliebter wurde. Freelancer und Start-ups rannten We Work die Türen ein.
Extrem schnelle Expansion
Es folgte eine rasante Expansion, hauptsächlich finanziert vom japanischen Tech-Investor Softbank. In den USA, Großbritannien, aber auch in Israel eröffneten neue Standorte. Grund dafür war allen voran der exzentrische Mitgründer Adam Neumann. Er schaffte es, Investoren zu überzeugen, dass We Work das mit der Arbeitsplatzkultur machen wird, was Facebook mit sozialen Medien und Uber mit dem Taxigeschäft geschafft hat.
Neumann vermarktete We Work als groß skalierendes Tech-Unternehmen, und Risikokapitalgeber schossen so lange Geld zu, bis die Gesamtbewertung 47 Milliarden Dollar betrug. Völlig überzogen, wie man heute weiß. Von der gehypten Aktie blieb schlussendlich nur ein Pennystock und ein Firmenwert von 44 Millionen Euro.
Mahnendes Beispiel
We Work gilt schon länger als mahnendes Beispiel für maßlos überbewertete US-Startups und steckte zuletzt wieder in Schwierigkeiten. Schon im August räumte das Unternehmen mit Blick auf seine Verluste und den erwarteten Geldbedarf „erhebliche Zweifel“am Fortbestehen ein. Seit Jahren werden Standorte geschlossen.
Gerichtsunterlagen zufolge will We Work eine Sanierung nach dem sogenannten Chapter-11-Verfahren anstreben. Geschützt vom US-Insolvenzrecht, können sich Unternehmen auf diese Weise eine gewisse Zeit vor dem Zugriff der Gläubiger schützen. Zudem dürfte es der Insolvenzantrag möglich machen, aus teuren Mietverträgen rauszukommen.
Vergangenen Dienstag war eine 30-TageFrist abgelaufen, innerhalb derer We Work Schuldscheine hätte bedienen müssen, doch das Unternehmen ließ die Frist verstreichen. Die Ratingagentur Fitch stuft das als „begrenzten Kreditausfall“ein und hat Verbindlichkeiten von We Work im Volumen von 1,4 Milliarden Dollar entsprechend herabgestuft.
Während der vergangenen Monate blieben immer mehr Büros leer, was den Druck auf Investoren sukzessive erhöht. Dementsprechend wird der We-Work-Ausfall als schlechtes Zeichen für den ganzen Markt gedeutet. Dazu kommt das hohe Zinsniveau, das es vielen erschwert, große Hypotheken zurückzuzahlen. Zahllose Vermieter haben zuletzt niedrigere Mieten von We Work akzeptiert, sie schauen nun durch die Finger bzw. wissen nicht, wie sie die Immo-gebundenen Schulden begleichen können.
Mit dem Ruf als erfolgreicher Revolutionär der Bürowelt wollte We Work im Jahr 2019 an die Börse, was in einem Riesenflop endete. Der tiefere Einblick ins Geschäft im Börsenprospekt veranlasste große Investoren kurz vor dem IPO, komplett einen Bogen um die verlustreiche Firma zu machen. Profitabel war das Unternehmen im Übrigen nicht an einem einzigen Tag. Im Jahr 2021 schaffte es We Work über einen Umweg doch noch an die Börse – durch die Fusion mit einer Blankoscheckfirma.
Teuer wurde das damalige Debakel vor allem für den Softbank-Konzern. Softbank und sein mit saudi-arabischen Geldern gestützter Vision-Investitionsfonds hatten sich für neun Milliarden Dollar einen Anteil von 29 Prozent gesichert. Als der Börsengang 2019 platzte, nahm Softbank weitere 9,5 Milliarden Dollar in die Hand, um auf 80 Prozent aufzustocken und den umstrittenen Mitgründer und Chef Adam Neumann hinauszudrängen.
Vergoldeter Abgang
Seinen Abgang hat er sich vergolden lassen: Er verhandelte mit seinen Anwälten eine Abfindung von 1,7 Milliarden Dollar. Neumann geht in die Geschichte ein, als jener gescheiterte Star-Unternehmer, der reich wurde, während Investoren alles verloren haben.
Nach jüngsten Angaben kam die Firma zuletzt auf 660 solcher Standorte in 119 Städten rund um die Welt. In Österreich gibt es keine Standorte. Pläne für Gemeinschaftsbüros in Wien hatte We Work zwar, die Standortsuche in der Pandemie aber auf Eis gelegt.