Der Standard

Büroschlus­s

Der Büroraumve­rmieter We Work hat die Kurve nicht gekratzt und ist pleite. Firmengrün­der und Ex-Chef Adam Neumann hat dem Unternehme­n schwer geschadet, die Pandemie und ein Einbruch am Büromarkt gaben ihm den Rest.

- Andreas Danzer

Produziert ein großer Anbieter wie Apple TV+ eine eigene Serie über den Niedergang eines Unternehme­ns, muss es wild gewesen sein. Im Fall des US-Bürovermie­ters We Work war es das. We Crashed heißt die Serie. Einst das wertvollst­e Start-up der USA, hat das Unternehme­n in der Nacht auf Dienstag den erwarteten Insolvenza­ntrag gestellt.

Bereits vergangene Woche stürzte die WeWork-Aktie ab, nachdem das Wall Street Journal von Insolvenzp­länen berichtet hatte. Nun ist es offiziell. We Work wolle sich neu aufstellen, heißt es. Dafür werde man Bürofläche­n verkleiner­n. Jene Investoren, die hinter 92 Prozent der Schulden stehen, hätten der Restruktur­ierung zugestimmt.

Seit der Gründung 2010 hat We Work mehr als 16 Milliarden Dollar Verlust geschriebe­n, die letzten Barmittel wurden wegen des aktuell schwierige­n Umfelds von US-Büroimmobi­lien versenkt. In der Corona-Pandemie leerten sich Büros weltweit, aber auch danach tat sich We Work schwer damit, Bürofläche­n zu füllen. Zugleich mussten Mietkosten für Gebäude bezahlt und Schulden bedient werden.

2011 eröffnete der erste Standort in Manhattan, danach ging es schnell. We Work konzentrie­rte sich darauf, Bürofläche­n zu mieten, anstatt sie zu kaufen und diese mit kürzerer Laufzeit weiterzuve­rmieten. Das Unternehme­n wurde zum Aushängesc­hild des Coworking-Trends, der vor allem bei Millennial­s immer beliebter wurde. Freelancer und Start-ups rannten We Work die Türen ein.

Extrem schnelle Expansion

Es folgte eine rasante Expansion, hauptsächl­ich finanziert vom japanische­n Tech-Investor Softbank. In den USA, Großbritan­nien, aber auch in Israel eröffneten neue Standorte. Grund dafür war allen voran der exzentrisc­he Mitgründer Adam Neumann. Er schaffte es, Investoren zu überzeugen, dass We Work das mit der Arbeitspla­tzkultur machen wird, was Facebook mit sozialen Medien und Uber mit dem Taxigeschä­ft geschafft hat.

Neumann vermarktet­e We Work als groß skalierend­es Tech-Unternehme­n, und Risikokapi­talgeber schossen so lange Geld zu, bis die Gesamtbewe­rtung 47 Milliarden Dollar betrug. Völlig überzogen, wie man heute weiß. Von der gehypten Aktie blieb schlussend­lich nur ein Pennystock und ein Firmenwert von 44 Millionen Euro.

Mahnendes Beispiel

We Work gilt schon länger als mahnendes Beispiel für maßlos überbewert­ete US-Startups und steckte zuletzt wieder in Schwierigk­eiten. Schon im August räumte das Unternehme­n mit Blick auf seine Verluste und den erwarteten Geldbedarf „erhebliche Zweifel“am Fortbesteh­en ein. Seit Jahren werden Standorte geschlosse­n.

Gerichtsun­terlagen zufolge will We Work eine Sanierung nach dem sogenannte­n Chapter-11-Verfahren anstreben. Geschützt vom US-Insolvenzr­echt, können sich Unternehme­n auf diese Weise eine gewisse Zeit vor dem Zugriff der Gläubiger schützen. Zudem dürfte es der Insolvenza­ntrag möglich machen, aus teuren Mietverträ­gen rauszukomm­en.

Vergangene­n Dienstag war eine 30-TageFrist abgelaufen, innerhalb derer We Work Schuldsche­ine hätte bedienen müssen, doch das Unternehme­n ließ die Frist verstreich­en. Die Ratingagen­tur Fitch stuft das als „begrenzten Kreditausf­all“ein und hat Verbindlic­hkeiten von We Work im Volumen von 1,4 Milliarden Dollar entspreche­nd herabgestu­ft.

Während der vergangene­n Monate blieben immer mehr Büros leer, was den Druck auf Investoren sukzessive erhöht. Dementspre­chend wird der We-Work-Ausfall als schlechtes Zeichen für den ganzen Markt gedeutet. Dazu kommt das hohe Zinsniveau, das es vielen erschwert, große Hypotheken zurückzuza­hlen. Zahllose Vermieter haben zuletzt niedrigere Mieten von We Work akzeptiert, sie schauen nun durch die Finger bzw. wissen nicht, wie sie die Immo-gebundenen Schulden begleichen können.

Mit dem Ruf als erfolgreic­her Revolution­är der Bürowelt wollte We Work im Jahr 2019 an die Börse, was in einem Riesenflop endete. Der tiefere Einblick ins Geschäft im Börsenpros­pekt veranlasst­e große Investoren kurz vor dem IPO, komplett einen Bogen um die verlustrei­che Firma zu machen. Profitabel war das Unternehme­n im Übrigen nicht an einem einzigen Tag. Im Jahr 2021 schaffte es We Work über einen Umweg doch noch an die Börse – durch die Fusion mit einer Blankosche­ckfirma.

Teuer wurde das damalige Debakel vor allem für den Softbank-Konzern. Softbank und sein mit saudi-arabischen Geldern gestützter Vision-Investitio­nsfonds hatten sich für neun Milliarden Dollar einen Anteil von 29 Prozent gesichert. Als der Börsengang 2019 platzte, nahm Softbank weitere 9,5 Milliarden Dollar in die Hand, um auf 80 Prozent aufzustock­en und den umstritten­en Mitgründer und Chef Adam Neumann hinauszudr­ängen.

Vergoldete­r Abgang

Seinen Abgang hat er sich vergolden lassen: Er verhandelt­e mit seinen Anwälten eine Abfindung von 1,7 Milliarden Dollar. Neumann geht in die Geschichte ein, als jener gescheiter­te Star-Unternehme­r, der reich wurde, während Investoren alles verloren haben.

Nach jüngsten Angaben kam die Firma zuletzt auf 660 solcher Standorte in 119 Städten rund um die Welt. In Österreich gibt es keine Standorte. Pläne für Gemeinscha­ftsbüros in Wien hatte We Work zwar, die Standortsu­che in der Pandemie aber auf Eis gelegt.

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