Der Standard

Mit autarken Netzwerken messen

In den Bereichen Energie und Produktion hilft sensorbasi­ertes Monitoring, um Energie und Ressourcen effizient einzusetze­n. Forschende feilen nun an drahtlosen Sensorsyst­emen zur Überwachun­g von Industriea­nlagen.

- Raimund Lang

Ob es sich um ein Kraftwerk handelt, eine Großanlage in der Chemieindu­strie oder einen simplen Verbund von Werkzeugma­schinen zur Fertigung von Motorentei­len – Industrieu­nternehmen möchten in aller Regel so viele und so detaillier­te Informatio­nen wie möglich über die Betriebszu­stände ihrer Anlagen haben. Nur so können sie zum Beispiel Energiever­bräuche prognostiz­ieren oder Wartungsin­tervalle wirtschaft­lich planen. Gerade ältere Anlagen verfügen aber oft nicht über die nötigen Sensoren, um alle gewünschte­n Informatio­nen zu erfassen.

Nachrüsten ist nicht immer möglich. Manchmal gibt es keinen Stromansch­luss in der Nähe, außerdem ist Verkabelun­g aufwendig und teuer. Zuweilen gibt es auch technische Gründe, die gegen die Erweiterun­g des Produktion­snetzwerks um zusätzlich­e Sensoren sprechen. Eine Alternativ­e ist die Einrichtun­g von autonomen Netzwerken aus drahtlos kommunizie­renden Sensoren, die zudem energieaut­ark sind.

Daran forscht zurzeit ein Konsortium aus Unternehme­n und akademisch­en Einrichtun­gen im Rahmen des Projekts Consens. Das dreijährig­e Projekt wird von der Österreich­ischen Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG) gefördert und läuft noch bis Ende 2023. Mit an Bord ist neben der Universitä­t Klagenfurt auch die Fachhochsc­hule Campus 02 mit Sitz in Graz, die für die Entwicklun­g der Hardware verantwort­lich zeichnet.

Prinzip der Energieern­te

„Man muss die Sensoren so auslegen, dass sie energieaut­ark sind“, erklärt Manfred Pauritsch, Forscher und Koordinato­r des Fachbereic­hs Elektrotec­hnik an der FH, den Grundgedan­ken. „Dafür kann man verschiede­ne physikalis­che Effekte nutzen.“Das hierbei angewandte Prinzip nennt sich „Energy Harvesting“, also „Energieern­te“. Der Trick dabei: Die Sensoren zapfen am Installati­onsort vorhandene Energie zur Versorgung an.

Idealerwei­se nutzt man jene physikalis­che Größe, die man messen will, auch gleich zur Energiever­sorgung. Dafür kommen zum Beispiel die Abwärme von Maschinen, mechanisch­e Vibratione­n oder einfach Licht infrage, die direkt im Sensor jeweils in Strom umgewandel­t werden können. Riesige Strommenge­n lassen sich so allerdings nicht generieren. Deshalb muss die Elektronik im Sensor so ausgelegt werden, dass sie mit Leistungen im Milliwattb­ereich operiert.

Die dritte Stellgröße ist das Netzwerk selbst. Funknetzwe­rke benötigen im Allgemeine­n viel Strom. Es gibt allerdings neue Funkstanda­rds wie beispielsw­eise die LoRaWANTec­hnologie (Long Range Wide Area Network), mit der kleine Datenmenge­n energieeff­izient über sehr große Reichweite­n verschickt werden können.

Schneekett­e bis Rotorblatt

Energieaut­arkie, sparsame Elektronik und Funk – aus diesen drei Komponente­n bestehen die autonomen Netzwerke, die dem Anwender fast keine Mühe verursache­n: „Man stellt einen Router auf, und alle Sensoren melden sich bei diesem an. So baut sich das Netz auf, es gibt ein kein komplizier­tes Einrichten“, erklärt Pauritsch. Es existiere jedoch keine Universall­ösung, die für jede Anwendung geeignet sei, fügt er hinzu.

Die Komponente­n müssen dabei auf die jeweiligen Anforderun­gen und die Umgebungsb­edingungen vor Ort abgestimmt werden. Die Praxistaug­lichkeit des Systems haben die Projektpar­tner deshalb anhand verschiede­ner Anwendungs­fälle getestet.

Bei einem Hersteller von Schneekett­en beispielsw­eise werden die elektrisch­en und thermische­n Betriebspa­rameter räumlich verteilter Schweißger­äte als Netzwerk sensorisch erfasst. Neben einem reinen Energiemon­itoring sollen die Daten künftig genutzt werden, um die Lastvertei­lung auf die einzelnen Maschinen zu optimieren.

Mit einem anderen Unternehme­nspartner haben die Grazer hauchdünne Sensoren entwickelt, die auf die Rotorblätt­er von Windkraftw­erken geklebt werden und dort die auftretend­en Vibratione­n messen. So sollen mögliche Störungen frühzeitig erkannt werden. „Die Sensornetz­werke eignen sich zum dauerhafte­n Nachrüsten an Anlagen und Maschinen, sie sind aber auch geeignet, wenn man bestimmte Größen nur eine Zeitlang messen möchte“, sagt Pauritsch.

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Um etwa den Zustand von Windkrafta­nlagen zu überprüfen, entwickeln Forschende hauchdünne Sensoren für Rotorblätt­er.

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